Bl. [=Bevölkerungsliste] Nr. 2486
Isaac Seligmann, 51 J. a., Hausierer, Haus Nr. 558, Ehefr. Hendel Goel, 40 J. a.
Rp. [=Ratsprotokoll] Quintidi d 25 Pluviose 8. j. d. R. (=14.2.1800)
Seligmann Isaac zeigte an, das Er sich mit seiner Ehefrau Hendel gohl dahier niederlassen und mit Ellen Waaren handlen wollen, Verlangte ins bürger register eingetragen zu werden – eingetragen

Geuenich, Josef, Bürgeraufnahmen der Stadt Düren 1607-1800, S. 299

1802

Der Handelsstand erklärte, daß er dem völligen Untergang entgegen gehe, wenn der neu eingeführte Betrieb nicht gründlich geändert werde. Es könne wohl die Einfuhr solcher Waren gehemmt werden, die so häufig in Frankreich hergestellt würden, daß nicht nur das Inland hinlänglich damit versehen, sondern auch noch Ausfuhr möglich sei, wie Tuch, Seide, Papier. Für alle andern Erzeugnisse müsse bei einem vernünftigen Tarif die volle Freiheit der Einfuhr verlangt werden. Die für die Einfuhr der Waren vorgeschriebenen Formalitäten seien derart, daß dadurch oft Waren beschlagnahmt würden und lange Prozesse entstünden. Häufig aber würden die beschlagnahmten Waren, die über den Rhein zurückbefördert werden müßten, von den Beamten für einen Spottpreis angesteigert, diese verkauften sie dann den Juden, welche mit ihren Packträgern das Land überschwemmten und dem ehrlichen Kaufmann das Geschäft verdürben. Ein Hauptübel sei der leichte Erwerb von Gewerbescheinen, der eine Menge unredlicher Verkäufer in die Welt setzte, die keinen Pfennig Vermögen hätten und mit ihrem auf Schleichwegen erworbenen Kram das Land durchliefen, um dem städtischen Kaufmann „das Brot vor dem Maul wegzunehmen“.  […]
Auf die Anfrage, in welchem Umfange in Düren Schmuggel getrieben werde, wird mit einer gewissen Entrüstung erwidert, daß „die Moralität der Einwohner mit solchem Metier gänzlich unverträglich sei“. Düren überlasse dieses Geschäft den Schleichhändlern und Packjuden, „die zum Schaden der Handlung und ihrem völligen Ruin Städte und Land durchstreifen und teils defraudierte, teils saisierte (beschlagnahmte) und von den Douaniers angekaufte Waren für ein spottfeiles Geld anbieten und vermöge ihres drei Livres Patents (= Gewerbeschein für drei Livres) ohne Haus und Hof und ohne stetes Domizil sich den übrigen Auflagen des Staates zu entziehen wissen; kein Wunder, wenn der sonst reiche Kaufmann jetzt nicht mehr bestehen kann und mit einer starken Familie seinem völligen Ruin entgegen sieht“.

Aus einer Umfrage des frz. Staatsrates Dauchy unter Gewerbetreibenden, zit. nach: Schoop, Geschichte der Stadt Düren bis zum Jahre 1816, S. 97

1802

An Unruhen sollen u.a. Hirz aus Zülpich und besonders Moyses Nöthgen aus Sinzenich beteiligt gewesen sein. Besonders schlimm war ihr „christlicher“ Kumpan Johann Müller, der aus Schönau bei Münstereifel stammte und zu den grausamsten Mördern der damaligen Zeit gehörte. Auch der Jude David Isaak aus Nideggen hatte einen schlimmen Ruf. Zur gleichen Zeit hatte sich ein gewisser Engelbert Jungblut, aus Flamersheim gebürtig und von Beruf Gerber, mit drei Handelsjuden aus der Zülpich-Dürener Gegend zusammengetan. Als Nathan Hirz und Simon Elias wurden zwei von ihnen auf Steckbriefen bezeichnet. Alle wurden am 10. Dezember 1802 in Köln zum Tode verurteilt.

Arntz, Judaica, S. 40

1806

Das ganze Roerdepartement, das in 4 Arrondissements Aachen, Köln, Krefeld, Cleve zerfiel, zählte im Jahre 1806 5484 Juden und zwar im Arr. Aachen 1416, im Arr. Köln 2012, im Arr. Krefeld 1571 und im Arr. Cleve 485. […] Das Arr. Köln zählte damals in seinen einzelnen Kantonen Bergheim 322, Brühl 251, Köln 124, Dormagen 226, Elsen 366, Jülich 221, Kerpen 120, Lechenich 151, Weiden 92, Zülpich 139, also insgesamt 2012 Juden.

Kober, Adolf, Das Namensregister der Kölner Juden von 1808, in: Mitteilungen des Gesamtarchivs der deutschen Juden, Jg. 1926, S. 41-53

1808

29.10.1808

Die in Düren wohnenden 42 Juden nehmen aufgrund einer Anordnung der französischen Behörden feste Familiennamen an.

STAD, Frz. Zeit A I 46, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 79

1811

Zwei Nichtkatholiken sind in der Gemeinde [Merken]. Die Frau des Hermann Kaulen war eine „Calviniana“, und ein Jude lebte in Merken, übrigens der erste Jude, der urkundlich hier erscheint.

Sommer, Josef, Merkener Geschichte, Essen 1985, S. 225

1814

26.09.1814

Die Stadt, einschließlich Distelrath, hat 4.777 Einwohner; männlich 2.308, weiblich 2.469; katholisch 4.341, lutherisch 110, reformiert 285, jüdisch 41 […].

STAD, PrZ 16, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 80

[Familie Philipp Berg aus Dirmerzheim, Gustav Schwarz aus Lüxheim]
Unsere Geschichte beginnt mit Joseph Berg, der 1814 geboren wurde, zuerst in Brüggen und später in Dirmerzheim lebte […]. Joseph Berg war von Beruf Viehhändler.
3 seiner Söhne – Jonas, Philipp und Markus Berg – blieben vor Ort und bauten sich eine Existenz als Viehhändler in Dirmerzheim und Lechenich auf. […]
Philipp Berg konnte damit eine Familie gründen. Er heiratete etwa 1890 Henriette Schwarz aus Lüxheim, die 5 Söhne zur Welt brachte: Joseph Berg, geboren 1891, Karl Berg, geboren 1892, Hugo Berg, geboren 1899, der als kleines Kind starb, Ernst Berg, geboren 1900, und Leo Berg, geboren 1904, der ebenfalls als kleines Kind starb. […]
Karl Berg, der zweitälteste Sohn, hatte die Volksschule besucht, einige Jahre auch die höhere Schule, ohne sie zu beenden. 1923 zog er von Dirmerzheim nach Lechenich um. Hier hatte 3 Jahre vorher Gustav Schwarz aus Lüxheim ein Haus in der Bonner Strasse für 57.000 Mark ersteigert, ein Haus, in dem die 1920 verstorbene Witwe des Elias Simon gelebt hatte. […] Keine Arztpraxis, sondern ein Geschäft eröffneten hier Gustav Schwarz und Karl Berg. Bei „Schwarz & Berg“ wurden vor allem gebrauchte Kleidung aus Armeebeständen, Schuhe und Stoffe angeboten. […]
Der Partner Gustav Schwarz, geboren 1882 in Lüxheim, besaß eine wohl klingende Baritonstimme und hatte eigentlich Opernsänger werden wollen. Einige Male schon war er als Solist aufgetreten. Als ihm ein festes Engagement angeboten wurde, lehnte er ab, denn als Opernsänger hätte er auch am Sabbat singen müssen. Und so assoziierte er, der fromme Jude, sich lieber mit Karl Berg, um Schuhe und alte Militärkleidung zu verkaufen. Immerhin: er sang als Vorsänger in der Synagoge von Lechenich und als Mitglied im Männergesangverein. 1936, als Karl Berg heiratete, zog er sich nach Lüxheim zurück, auch wenn er Geschäftsteilhaber blieb. 1938 versuchte Gustav Schwarz zu emigrieren. In Kaldenkirchen wollte er die Grenze überschreiten. Die Grenzbeamten aber entdeckten Korrekturen in seinem Pass, behielten ihn ein und kabelten an die Polizeiverwaltung in Lechenich: „In der Anlage übersende ich einen Paß des Juden Gustav Schwarz, Lechenich, der demselben bei der beabsichtigten Ausreise abgenommen und eingezogen wurde. Da auf Seite 4 Änderungen im Ausstellungs- und Gültigkeitsdatum vorgenommen wurden. Ferner ist der Stempel auf der Paßfotografie unvollständig und läßt die Annahme zu, daß das Bildnachträglich eingeklebt wurde. Ich bitte um umgehende Zurücksendung des Passes und Mitteilung, ob es sich um eine Fälschung handelt. Schwarz ist hier in Haft genommen.“ Die Rückmitteilung der Polizeiverwaltung Lechenich an die Staatspolizeistelle Düsseldorf erfolgte prompt: „1. Die Staatspolizei ist telefonisch benachrichtigt, daß die Veränderungen des Datums im Paß von hier vorgenommen worden sind. 2. Der Paß wird wegen der Veränderungen für ungültig erklärt und eingezogen.“ Gustav Schwarz war also nicht nur schuldlos an der Ausreise gehindert und verhaftet worden, er hatte überdies seinen Reisepaß verloren. Er mußte zurückreisen an seinen Heimatort. Neue Versuche, sich Ausreisepapiere zu besorgen, scheinen gescheitert zu sein. Einige Jahre später wurde Gustav Schwarz über Köln in den Osten verschleppt.

Archiv der Stadt Erftstadt, Nr. 2333.02, in: Bormann, S. 83ff.

1815

„In der Zwischenzeit hatte Bergheim einen neuen Judendoktor erhalten, der sich mit seinem christlichen Kollegen die Schar der Patienten teilte. Dr. Emanuel Levy, ein Sohn des Hertz Levy und Enkel des alten jüdischen Arztes Dr. Moses Samuel Levy, hatte sich in Bergheim niedergelassen. Emanuel hatte das Gymnasium in Mörs besucht, an der Duisburger Universität studiert und hier auch die Doktorwürde erhalten. […] Dr. Emanuel Levy nahm später den Namen Gorde[=o]n an. Er verließ Bergheim nach 1808 und gründete 1815 in Gürzenich bei Düren eine neue Praxis.“

Friedt/Esser, Bergheim, S. 42

"Um 1815 ließ sich hier mit Dr. med. Emanuel Gordon der einzige jüdische Arzt weit und breit nieder …". Schulte in Müller, S. 82. / "Der Mann war Israelit und hatte als Arzt eine ausgedehnte Praxis, vielen Zulauf aus der Nähe und der Ferne. Die Gemeinde betrauerte diesen Fall."

Chronik des Amtes Birgel.

"Gürzenich bei Düren. Wenn leider in unsrer Zeit noch aus manchen Gegenden her über Intoleranz Klage erhoben wird, so muß es eine um so erfreulichere Erscheinung sein, grade das Gegentheil bemerken zu können. Schreiber dies war am vergangenen Sonntag in Gürzenich, an welchem Tage der Israelit Emanuel Gordon, ein Mann von 67 Jahren, ein weit und breit durch seine glückliche und erfolgreiche 31jährige Praxis bekannter Arzt, beerdigt wurde. Wie hoch der Werth dieses verdienstvollen Mannes als Mensch und als Arzt war, wie tiefschmerzlich sein Verlust empfunden worden, des gab Kunde die allgemeine und zahlreiche Begleitung zur Stätte des Begräbnisses. Denn neben vielen seiner Angehörigen und Glaubensgenossen, welche der Leiche folgten, konnte man (erfreulich!) gewahren die katholische Geistlichkeit, die Honoratioren des Ortes verschiedener Confessionen nebst einer großen Anzahl achtbarer Einwohner, welche sich dem Trauerzuge anschlossen, um dem Verdienste die letzte Anerkennung und Ehre zu beweisen. Es darf wohl Keinem, welcher von wahrer Humanität und echter Menschenliebe durchdrungen ist, die Theilnahme an diesem Ehrenakte bedenklich erscheinen, um so weniger, als auch der Verstorbene als tüchtiger Heilkünstler der Menschheit so wesentliche und wichtige Dienste zeitlebens geleistet, den dürftigen Leidenden als edler Menschenfreund allzeit mit schöner Uneigennützigkeit heilend nah, den Armen ein großer Wohlthäter gewesen sein soll. Den braven Einwohnern von Gürzenich gereicht dieser schöne Zug zur Ehre und zum Lobe, weshalb es sehr statthaft erscheinen mag, desselben auch öffentlich zu erwähnen. Möchte allenthalben eine solche bescheidene, vernünftige Toleranz beobachtet werden, es würde zweifelsohne manche schöne Frucht des Friedens und der Eintracht in mancher Gemeinde die Menschheit erfreuen! – (Eingesandt.)"

Dürener Anzeiger 1842

1817

14.02.1817

Bekanntmachung
Nach den uns aus den benachbarten Provinzen zugegangenen Nachrichten, ist dort die öffentliche Sicherheit durch Juden und Herumträger kleiner und kurzer Waaren verschiedentlich gefährdet worden, und eben so sind bei Landwehrpflichtigen und Deserteurs falsche Urlaubspässe vorgekommen, weshalb man dort die Anordnung getroffen hat, daß
1. solchen Hausirern, deren Waaren nicht von dem Werthe sind, um von dem Gewinne an dem Verkaufe zu leben, insbesondere den mit Kälbermagen, Hebräischen Büchern etc. etc. hausirenden Juden auf ihre, wenn auch gültige Pässe keine neuen gegeben, dieselben vielmehr als Vagabonden behandelt werden sollen, und daß
2. die Bürgermeister auf Siegel und Unterschrift der Pässe besonders aufmerken, über die Richtigkeit im Falle des Zweifels sofort bei der ausstellenden Behörde anfragen, einen Abdruck des Siegels und eine Unterschrift zur Vergleichung auswirken; zugleich aber den Kreisbehörden sofort die Inhaber wahrscheinlich falscher Pässe zur weitern Verfügung vorführen lassen sollen.
Wir finden es, besonders in der gegenwärtigen Zeit, angemessen, dieselben Anordnungen auch in dem hiesigen Regierungsbezirk zur Anwendung kommen zu lassen, und machen den Herren Landräthen, so wie den Kommandeurs der Gensd’armerie, und den örtlichen Polizeibehörden noch ganz besonders zur Pflicht, in den Gegenden, wo etwa Diebstähle von einiger Bedeutung vorfallen, sich wegen Anordnung nächtlicher Streif-Patrouillen unter der Leitung vertrauter und Lokalkundiger Bürger-Miliz Offiziere zu berathen und zu vereinbaren, so wie wir den Ortsbürgermeistern hiermit aufgeben, die Aufmerksamkeit auf Siegel und Unterschrift der Pässe in der oben sub 2. angedeuteten Art zu verdoppeln.
Aachen, den 14. Februar 1817.
Königl. Preuß. Regierung, erste Abtheilung.

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 9 v. 27.02.1817, S. 174

25.07.1817

Vermischte Nachrichten aus dem Regierungsbezirk Aachen
5. Unglücksfälle
[…]
Zu Langerwehe, Kreis Düren, stürzte sich eine Judenmagd in einen Wasserbehälter und ertrank.

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 35 v. 07.08.1817, S. 457

1818

20.03.1818

Krefeld, 20. März 1818
Das Israelitische Konsistorium zu Krefeld an die Regierung, betr. Weitergeltung des Dekrets vom 17. März 1808
Nachdem durch die höchste Kabinets-Ordre vom 3. d. M. die mit dem 17. diesen Monats ablaufende Gesetzeskraft des die Juden [betreffen]den Dekrets vom 17. März 1808 bis auf Weiteres verlängert [worden], so beehren wir uns, Einer Hochlöblichen Regierung, [Bezug nehmend] auf den Artikel 7 des ge[nannten] Dekrets, ganz ergebenst [vor]zustellen, daß zur Zeit [der] Französischen Verwaltung [die] Gemeinde-Räthe allj[ährlich durch] die Departements-Präf[ekten zus]ammen berufen [worden] [(cf. Prtäfek]tur-Akten des Roer-[Departements] vom Jahre 1808, pag. 198-217, 1810, pag. 245, 1811, [pag. 357] und 1813, pag. 320), um [zur] Patentisirung der Handel[treibenden] Israeliten Certificate, [sowie die geforder]te Nachweisen aufzustellen, welche von den Unterpräfecten gesammelt und dem unterzeichneten Consistorio zur Begutachtung mitgetheilt worden; wonach alsdann, auf den Grund der genannten Nachweisen, die Ertheilung der den Handeltreibenden Israeliten nach dem bezogenen Artikel 7 erforderlichen Patente von der Departements-Behörde erfolgte.
Da nun bei Fortdauer des fraglichen Dekrets die Erhaltung der besonderen Patente für die Handeltreibenden Israeliten unumgänglich nothwendig wird: so bitten wir Eine Hochlöbliche Regeirung ergebenst, die Zusammenrufung der Gemeinde-Räthe und Aufstellung der gedachten Nachweisen in den zum hiesigen Consistorial-Bezirke gehörenden Stadt- und Landkreisen Aachen, Geilenkirchen, Heinsberg, Düren, Gemünd, Jülich und Erkelenz baldigst anordnen zu [wollen] und diese Nachweisungen zu unserer desfallsigen gut[achtlichen] Erklärung zukommen zu l[assen].
Zugleich müssen wir [eine] Hochlöbliche Regierung er[neut] darauf aufmerksam ma[chen, daß] die Ertheilung dieser Special-[Patente] in den letzten Jahren (1815, 1816, 1817) ganz unter[blieben] und von den verschiedenen [Verwal]tungs-Behörden gar nicht [ver]langt worden. Durch die [Nicht]beobachtung dürften nun [sich] Fälle ereignen, wo den [Israeliten], z.B. bei etwaigen aus [früheren] Epochen herrührenden [Pflichten], die ohne ihr Verschulden [erfolgte] Nichtpatentisirung zum g[roßen Nach]theile gereichen, und sie eines Theils oder wohl g[ar des] ganzen Vermögens verlu[stig gehen].
Daher können wir nicht entbrechen, eine H[ochlöbliche] Regierung hierdurch zu bitten:
in die pro 1818 zu ertheilenden Patente zugleich ausrücken zu lassen, daß dieselben für die letzten vier Jahre ebenfalls Kraft und Gültigkeit hätten, mithin die Stelle derjenigen Patente mit verträten, welche in diesen Epochen zu ertheilen nicht beachtet worden, und halten wir uns, im Vertrauen auf die gerechten Einsichten Einer Hochlöblichen Regierung versichert, daß Hochdieselbe diesem, auf der größten Billigkeit gegründeten Gesuche geneigtest deferiren werde.

HStAD, RAA Nr. 2470 (Bll. 35-36, stark beschädigt), in: Lepper I, S. 544

23.06.1818

Bekanntmachung.
Das Königliche Ministerium des Innern wünscht sobald als möglich eine allgemeine Uebersicht der Jüdischen Bevölkerung und des Jüdischen Gewerbes unsers Regierungsbezirks aus den Jahren 1812 bis 1816 zu erhalten.
Die Herren Landräthe werden demnach hiermit aufgefordert, nach dem untenstehenden Schema eine Nachweisung erwähnter Gegenstände hinsichtlich ihrer resp. Kreise uns binnen längstens vier Wochen einzusenden, so wie wir zugleich sämmtliche Herren Bürgermeister anweisen, ihren resp. landräthlichen Behörden eine solche Tabelle, oder wofern in einer Bürgermeisterei keine Jüdischen Bewohner wären, eine Anzeige oder Schein, daß deren keine vorhanden, baldigst einzureichen.
Aachen, den 23. Juni 1818.
Königl. Preuß. Regierung, erste Abtheilung.

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 30 v. 25.06.1818, S. 264.

Die Stadt hat 4.978 Einwohner, 4.542 Katholiken, 278 Reformierte, 110 Lutheraner, 48 Juden.

Geuenich, Straßennamen, S. 223

1819

09.02.1819

”Alle diejenigen, welche an die Bergisch-Jülichsche Judenschaft Forderungen zu haben glauben, werden hiemit aufgefordert, solche mit Einreichung der Beweisstücke innerhalb peremtorischer Frist von sechs Wochen bei unterzeichneter Kommission anzumelden, widrigenfalls sie es sich selbst beizumessen haben, wenn auf spätere Anmeldungen keine Rücksicht mehr genommen werden wird.
Düsseldorf, den 9. Februar 1819.
Die Liquidations-Kommission der Forderungen an die Bergisch-Jülichsche Judenschaft.
Schramm.

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 12 v. 10.03.1819, S. 112

24.03.1819

”Bekanntmachung.
In Folge einer Verfügung des Königl. Oberpräsidiums zu Köln, ist unter dem Vorsitze des Herrn Kreiskommissars Schramm, in Düsseldorf eine Kommission niedergesetzt worden, welche sich mit der Liquidation der Schulden der Bergisch-Jülichschen Judenschaft beschäftigen und zur Zahlung derselben das Geeignete veranlassen wird.
Indem wir dieses hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringen, wird den Verwaltungsbehörden unseres Regierungsbezirks aufgegeben, die von der vorgedachten Kommission etwa geforderten Notizen und Aufklärungen über das ihr übertragene Geschäft, derselben mit möglichster Vollständigkeit zu ertheilen.
Die Gläubiger der Bergisch-Jülichschen Judenschaft haben sich ausschließlich an die genannte Kommission zu wenden, welche in dieser Beziehung das Weitere noch bekannt machen wird.
Aachen, den 24. März 1819.
Königl. Preuß. Regierung, erste Abtheilung

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 17 v. 25.03.1819, S. 108

1820

Montag, 13.03.1820

”Verkauf
Montag den 13. März 1820, und folgende Tage, frühe 9 Uhr, wird zu Weisweiler im Sterbhause der Frau Meyer Cain, der Verkauf mit dem Waarenlager fortgesetzt und werden auf 9 Monaten Kredit verkauft: Lacken, Kasimir, Manchester, Kattune, Hals- und Sacktücher, Seide, Nessel, Leinwand und andere Waaren, dann Kleidungsstücke, Gold- und Silberwerk, Stühle, Kommode und Schränke und sonstige Hausmobilien.
Dürrwiß, den 28. Februar 1820.
Delhougne, Königl. Notar”

Öffentlicher Anzeiger von Aachen, Nr. 9, S. 22

27.07.1820

”Bekanntmachung
Die Liquidation der Forderungen der Jülich- und Bergischen Judenschaft ist nunmehr beendet, und beschlossen worden, daß die Schulden binnen 10 Jahren völlig getilgt werden sollen.
Die des Endes angefertigte, und von den Königlichen Ober-Präsidien zu Köln und Koblenz exekutorisch erklärte Heberolle, ist demnach den Steuerempfängern in den verschiedenen Regierungsbezirken und Kreisen zugestellt worden, damit die Interessenten davon Einsicht nehmen können.
Die Fristen zu Einreichung der gehörig zu belegenden Reklamationen, sind entweder wegen gänzlicher Befreiung von der Beitragspflichtigkeit oder wegen irrigem, doppeltem, oder Vergleichungsweise zu hohem Aufschlage bis zum 1. Oktober, unter dem Nachtheil der Nichtberücksichtigung mit der Bemerkung festgesetzt, daß die Reklamationen wegen gänzlicher Befreiung von der Conkurrenz-Pflichtigkeit, wenn sie nicht etwa jetzt schon als richtig anerkannt seyn sollten, erst für das Erhebungsjahr 1821 berücksichtigt, und die Beträge dann auch erst rückerstattet werden können. Düsseldorf, den 27. Juli 1820.
Der Präsident bei der Liquidations-Kommission der Forderungen
an die Jülich- und Bergische Judenschaft,
Kreis-Kommissar,
(gez.) Schramm.

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 42 v. 24.08.1820

Im Jahre 1820 lebten im Regierungsbezirk [Aachen] insgesamt 1668 Juden. Hiervon lebten im Stadtkreis Aachen 96 und in den Landkreisen Aachen 121, Düren 409, Jülich 471, Heinsberg 213, Geilenkirchen 132 und Gemünd 133 Juden. Aus den übrigen Landkreisen wurden keine Juden gemeldet.

Weber, Hans: Die jüdische Bevölkerung im Regierungsbezirk Aachen, in: 150 Jahre Regierung und Regierungsbezirk Aachen. Beiträge zu ihrer Geschichte, Aachen 1967, S. 125

1821

08.03.1821

„Damit die Ausfertigung der Patente für die handeltreibenden Israeliten für das Jahr 1821 spätestens im Monat April d. J. erfolgen könne, wollen die Herren Bürgermeister der Gemeinden, wo deren wohnen – die desfalls vorgeschriebenen Nachweisungen mit den Protokollen der Schöffenräthe über die Qualifikation zu einem Patente vor dem 20. d. M. unfehlbar hierher einsenden, damit ich solche ohne Verzug an das Consistorium zu Crefeld überschicken kann.
Düren, den 8. März 1821.
Der Königl. Landrath, von Lommessem.“

Landräthliches Korrespondenz-Blatt, Nr. 10 v. 10.03.1821

1822

27.12.1822

Zur Verteilung der Gewerbesteuer für das Jahr 1823 erscheinen vor dem Landrat als Delegierte der Metzger: [Joseph Nepomuk zu Pier.] – Isaac Fromm zu Gürzenich. – Isaac Compel zu Schlich. – Jacob Meyer zu Gey. – Joseph Levenbach zu Weisweiler.

Landräthliches Korrespondenz-Blatt, Nr. 46 v. 21.12.1822

1824

13.09.1824

Bekanntmachung.
Es ist nothwendig gefunden worden, über die Einrichtung des jüdischen Schulwesens in den Rheinprovinzen Folgendes festzusetzen:
§ 1.
Alle Eltern und Pfleger israelitischer Kinder sind gehalten, denselben beim Eintritt des durch bestehende Verordnungen festgesetzten schulpflichtigen Alters, einen ordentlichen und zweckmäßigen Elementar-Unterricht ertheilen zu lassen, und diesen so lange fortzusetzen, bis entweder die Aufnahme in eine höhere Schule statt finden kann, oder wenigstens die allgemeine Bildung so weit gefördert ist, als es überhaupt die Zulassung zu irgend einem bürgerlichen Gewerbe, oder zur unmittelbaren Vorbereitung für dasselbe erfordert. Dieser Grad von Reife ist durch ein Zeugniß der Ortschulbehörde nachzuweisen, und durch dieses die Befreiung von einer fernern Schulpflichtigkeit bedingt.
§ 2.
Der Elementar-Unterricht israelitischer Kinder findet statt, entweder in einer der bestehenden christlichen Schulen des Wohnorts,oder bei Privatlehrern, oder in einer eigenen jüdischen Gemeineschule.
Für jeden dieser Fälle enthalten die folgenden Artikel die erforderlichen näheren Bestimmungen.
§ 3.
Der Vorstand der jüdischen Gemeine jedes Orts ist gehalten, jährlich sechs Wochen vor der öffentlichen Schulprüfung eine Liste aller israelitischen Kinder des Orts, oder des Gemeinverbandes, vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 15. Jahre einzureichen, und dabei für jedes derselben die Schule nachzuweisen, welche es besucht.
Die Ortsschulbehörde hat dafür zu sorgen, daß diejenigen Kinder, welche noch keine, oder keine konzessionirte Schule besuchen, in eine solche gewiesen, und die Vorsteher davon in Kenntniß gesetzt werden.
§ 4.
Jedes israelitische schulpflichtige Kind, für welches nicht nachgewiesen werden kann, daß es bei einem konzessionirten Privatlehrer, oder in einer jüdischen Gemeineschule seinen Unterricht empfängt, ist verpflichtet, die christliche Bezirksschule seines Wohnorts zu besuchen, und zur Unterhaltung derselben und ihrer Lehrer das übliche Schulgeld und alle diejenigen Beiträge zu zahlen, welche von den übrigen, zu demselben Schulverbande gehörigen Kindern oder deren Eltern, gezahlt werden.
§ 5.
Den israelitischen Familienvätern ist diese Benutzung der Wohlthat des öffentlichen Unterrichts für ihre Kinder in christlichen Schulen gestattet, und die letztern sind in Ermangelung einer eigenen jüdischen Schule zur Aufnahme derselben verpflichtet, ohne jedoch deshalb den erstern einen Antheil an ihrer Verwaltung einzuräumen.
§ 6.
Die israelitischen Kinder, welche christliche Schulen besuchen, sind gehalten, sich ganz nach der für dieselben bestehenden Ordnung zu richten; nur an ihren Sabbaths- und andern ihrer gebotenen Feiertage sind sie von Erfüllung derjenigen Vorschriften befreit, die mit ihren für die Feier dieser Tage gegebenen Religionsgesetzen im Widerspruch stehen.
§ 7.
Auch dürfen israelitische Kinder in christlichen Schulen wider ihrer Eltern Willen nicht angehalten werden, an dem christlichen Religionsunterricht oder den religiösen Erbauungen der Schule Theil zu nehmen.
§ 8.
Jedoch sollen die für den jüdischen Religionsunterricht etwa eigends anzunehmenden jüdischen Religionslehrer ihre Tüchtigkeit zu diesem Geschäfte nicht blos durch ein Zeugniß der Polizeibehörde ihres Wohnorts über ihren unbescholtenen Lebenswandel, sondern auch durch eine Prüfung in allen von einem dem Lehrstande gewidmeten Subjekte erwarteten Kenntnissen und Geschicklichkeiten darthun, und ohne eine, auf den Grund dieser Prüfung ihnen zu ertheilenden Konzession, auch den Religionsunterricht zu ertheilen, nicht befugt seyn.
§ 9.
Um mit diesem Religionsunterrichte, der zugleich den Unterricht in der hebräischen Sprache in sich begreift, auch den Unterricht in den übrigen Lehrgegenständen der Schule verbinden zu dürfen, bedarf es einer besondern Konzession auf den Grund einer vorhergegangenen vollständigen Prüfung, wenn diese nicht schon vor einer andern inländischen kompetenten Behörd erfolgt ist, und durch ein genügendes Zeugniß derselben nachgewiesen werden kann.
§ 10.
Ein gleiches gilt von allen jüdischen Privatlehrern, auch von denen, welche in den Häusern Unterricht geben wollen, und es haben die Ortsbehörden genau darauf zu wachen, daß kein jüdischer Privatlehrer ohne diese, von der Königl. Regierung selbst auszustellende Konzession, Unterricht, weder in, noch außer dem Hause ertheile; widrigenfalls nicht allein seine Schule sogleich zu schließen, sondern er selbst auch noch in eine Polizeistrafe von Einem bis zu fünf Thalern zu nehmen ist.
§ 11.
Der vollständige Unterricht israelitischer Kinder bei einem konzessionirten Privatlehrer befreiet von der Beitragspflichtigkeit für die christliche Bezirksschule.
§ 12.
Eben dies ist der Fall, wenn sämmtliche israelitische Bewohner einer Stadt, oder eines ländlichen Bezirks, eine gemeinschaftliche Schulanstalt auf gemeinschaftliche Kosten errichten, und dazu die Genehmigung der Königl. Regierung erhalten haben, welche jedesmal durch die Kreisschulbehörde, oder resp. städtische Schulkommission nachzusuchen ist.
§ 13.
Die in einer solchen israelitischen Gemeinschule anzustellenden Lehrer müssen in ganz gleicher Weise, wie die Lehrer der christlichen Schulen der nämlichen Gattung, jedoch mit Ausnahme der Religionskenntnisse, vor einer kompetenten inländischen Behörde geprüft, und fähig befunden seyn.
§ 14.
Die israelitische Gemeinschule mit ihren Lehrern, wie auch die konzessionirten Privatlehrer des mosaischen Glaubens, stehen unter der Aufsicht der Orts-, Kreis- und Departementsschulbehörden, und es bedürfen die Lehr- und Einrichtungspläne derselben, und die zum Unterrichte bestimmten Schulbücher eben so der Prüfung und Bestätigung, so wie die Verwaltung des gesammten jüdischen Schulwesens eben so der Aufsicht und Leitung dieser Behörden, wie dieselbe für die christlichen Schulen jedes Regierungsbezirks vorgeschrieben ist.
§ 15.
Den jüdischen Schulen ist es nicht gestattet, christliche Kinder in den Unterricht aufzunehmen.
§ 16.
Die nächste unmittelbare Aufsicht über die jüdische Gemeineschule führt zwar ein, von den betheiligten israelitischen Familienvätern aus ihrer Mitte gewählter, und durch die Provinzialbehörde bestätigter Schulvorstand, jedoch ist ein von der Ortsschulbehörde ernannter Kommissarius berechtigt, die Schule zu jeder Zeit zu besuchen, und zur Aufrechthaltung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften jede ihm nöthige Auskunft zu fordern, welche die israelitischen Schulvorsteher und die Lehrer der Schule ihm unweigerlich zu ertheilen haben. Auch ist derselbe zu der jährlich zu haltenden öffentlichen Schulprüfung einzuladen, nach deren Beendigung er seinen Bericht über die Schule an seine Behörde zu erstatten hat.
§ 17.
Die sämmtlichen betreffenden Kreis- und Lokalbehörden sind mit der Handhabung dieser von dem Königl. Ministerio der Geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten genehmigten Verordnung beauftragt.
Koblenz, am 13. September 1824.
Der Staatsminister und Oberpräsident.
v. Ingersleben.

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 57 v. 21.10.1824, S. 481-484

1825

27.03.1825

”Bekanntmachung.
Die zur Tilgung der Jülich-Bergischen Judenschaftsschulden angefertigte Heberolle pro1824, ist von dem Königl. Oberpräsidio zu Koblenz unterm 5. v. M. bestätigt worden.
Es wird dieses den Betheiligten mit dem Bemerken bekannt gemacht:
1. daß die gedachte Heberolle auf dem Bureau der zu Düsseldorf bestehenden Judenschulden-Tilgungskommission und bei dem Rendanten Vetter daselbst zur Einsicht offen liegt; das Verzeichnis von den Beiträgen der Kontribuenten eines jeden Kreises aber, nebst Heberollen-Extrakten, den betreffenden Landräthen zur weiteren Beförderung zugefertigt worden ist;
2. daß der peremtorische Termin zur Einreichung der, wegen gänzlicher Befreiung von der Beitragspflichtigkeit, oder wegen zu hohen Anschlages anzubringenden Reklamationen, mit dem 15. Mai d. J. abläuft;
3. daß die betreffenden Landräthe angewiesen worden sind, innerhalb der gesetzten Frist diese Reklamationen zu sammeln und gehörig belegt und mit ihrem Gutachten begleitet, der Liquidations-Kommission in Düsseldorf zugehen zu lassen; und endlich
4. daß, nach einer Verfügung der Königl. Regierung zu Düsseldorf vom 4. d. M., der Steuer-Empfänger Vetter daselbst an die Stelle des Stadtsekretairs Schmitz zum Rendanten jener Kommission ernannt sey, und daß demnach die Beiträge pro 1824 nunmehr an den Vetter portofrei abgeliefert werden müssen; wogegen aber die sämmtlichen vorjährigen Rückstände noch zur Berechnung des Schmitz gehören, und solche daher noch an den Letzeren abgeführt werden sollen.
Sämmtliche Beitragspflichtige im hiesigen Regierungsbezirk wollen sich diese Bestimmungen zur Nachricht und Nachachtung dienen lassen.
Aachen, den 27. März 1825.
Königl. Preuß. Regierung, erste Abtheilung.”

Amts-Blatt der Regierung zu Aachen, Nr. 17 v. 07.04.1825, S. 152.

23.05.1825

„Mit Bezug auf die §§. 8, 9, 10, und 13 der in dem vorjährigen Amtsblatte Nro. 57 Pag. 481 u.f.g. 59 enthaltenen Ober-Präsidial-Verfügung vom 13. September 1824 werden Sie hierdurch beauftragt, sich von sämmtlichen jüdischen Lehrern Ihres Verwaltungs-Bezirks mit Inbegriff der Religions-Lehrer, Prüfungs- und Concessions-Atteste vorlegen zu lassen. Denjenigen, die solche Atteste vorzulegen nicht vermögen, haben Sie die Schule zu schließen. Den jüdischen Eltern, deren schulpflichtige Kinder keine Schule besuchen, haben Sie übrigens mit Bezug auf obige Oberpräsidial-Verfügung zu bedeuten, daß sie dieselben in eine öffentliche oder concessionirte Schule schicken müssen. […]
Aachen den 10. Mai 1825 Königliche Regierung I Abtheilung
An das Landräthliche Officium zu Düren.
Abschrift an die Herren Bürgermeister des Kreises, um hiernach die Jüdischen Lehrer zur Vorlage ihrer Concession aufzufordern, auch den Juden, welche schulpflichtige Kinder haben zu bedeuten, daß sie ihre Kinder in eine öffentliche oder concessionirte Schule schicken müßen.
Ihr Bericht wird vor dem 10. Juli c. erwartet.
Düren, den 25. Mai 1825,
Landräthliches Officium, Der Kreis-Sekretair, Quadflieg.“

Kreis Dürener Korrespondenzblatt, Nr. 22 v. 28.05.1825

06.06.1825

„Die Verfügung vom 1. Dezember 1819, nach welcher bei der Beschneidung eines neugebornen jüdischen Knaben ein Wundarzt zugezoge werden soll, scheint hin und wieder nicht genau beobachtet zu werden.
Die Herren Bürgermeister wollen daher solche nochmals in Erinnerung bringen, und auf deren Beachtung genau für die Zukunft halten.
Da übrigens jetzt hier ein Kreis-Wundarzt ist, so ist dieser bei solchen Fällen zu regquiriren.
Düren, den 6. Juni 1825
Landräthliches Offizium, Der Kreis-Sekretair, Quadflieg.“

Kreis Dürener Korrespondenzblatt, Nr. 24 v. 11.06.1825

21.11.1825

”Das Immobiliarvermögen der Fallitmasse von Moyses Marx in Aldenhoven (angezeigt durch den öffentlichen Anzeiger von Aachen sub Nro. 37 und 44) ist gestern in meiner Gegenwart zu Aldenhoven durch den dort wohnenden Königl. Notar Herrn J. W. Lützeler versteigert, das Haus etc. des fallirten Moyses Marx für die Summe von sechs hundert Berliner Thaler und der Garten, circa ein Viertel groß, für zwei hundert zwanzig fünf Berliner Thaler zugeschlagen worden. Derjenige, welcher ein Mehrgebot zu machen gesonnen ist, hat sich nach dem bestehenden Gesetz zu fügen.
Aachen, den 22. November 1825.
Der definitive Syndik obiger Massa,
Lud. Longree, Nr. 150, L. A.”

Oeffentlicher Anzeiger von Aachen, Nr. 47 v. 24.11.1825, S. 348

1825/26

„Denkschrift“ („Darstellung“) betr. die Verhältnisse der Juden in der Rheinprovinz
(u.a.)
A. In Bezug auf Population
[…]
§ 4. […]
Die Städte, wo die meisten Juden wohnen, sind
[…]
im Reg.-Bezirk Aachen Aachen mit 110
    Linnich  70
    Düren   52
    Jülich   50
B. In Bezug auf kirchliche Verfassung […]
E. In Bezug auf Abgaben […]

RhPA Köln, Nr. 373, Bll. 5-39 (endgültige, den Landständen vorgelegte Fassung); Abdruck: Kastner, S. 99-121; Auszug in: Lepper I, S. 565ff.

1826

Der Kreis war politisch in 27 Bürgermeistereien, kirchlich in 3 Dekanate mit 49 Pfarreien und 40 Kapellen eingeteilt; außerdem gab es 1 evangelische Superintendentur mit 2 Mutterkirchen und 6 Synagogen.
Bei der endgültigen Übernahme der Rheinlande durch die preußischen Verwaltungsbehörden zählte der Kreis Düren 37186 Einwohner, welche Zahl in den ersten zehn Jahren der preußischen Herrschaft auf 44276 stieg. Unter diesen waren 43239 Katholiken, 559 Evangelische, 1 Mennonit und 477 Juden.

Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, 3. Jahrgang 1926, Nr. 18 v. 18. Juni 1926, S. 139/140

1828

Eine Synagoge besteht an unbekannter Stelle.

Rheinischer Städteatlas, Düren, S. 12, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 84

1829

Verhältnis der Konfessionen

Bürgermeisterei Kathol. Evangl. Juden
1. Arnoldsweiler 1556 1 5
2. Bergstein 1224 5 32
3. Binsfeld 1059 5
4. Birgel 2678 27 55
5. Birkesdorf 1080 28
6. Bürvenich 1047 19
7. Drove 2070 46
8. Düren 6041 165 53
9. Echtz 1785 15 17
10. Froitzheim 1414 1 7
11. Füssenich 1055
12. Kelz 1082 59
13. Lamersdorf 849 2 16
14. Langerwehe 957 27
15. Merken 2058 33 7
16. Merzenich 1607 10
17. Nideggen 1069 10
18. Niederzier 1359 11
19. Nörvenich 1667 5
20. Nothberg 2190 6
21. Ollesheim 738 2
22. Pier 2153 11 2
23. Sievernich 900 2 19
24. Stockheim 1618
25. Straß 2009 5 10
26. Weisweiler 1160 2 56
27. Wollersheim 918 15
Sa. Kreis Düren 43343 614 477

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Jg. 1830, 19. Juli 1830, zit. nach: Heimatblätter, 7. Jg., Nr. 28 v. 18. Sept. 1930, S. 223

1834

28.02.1834

„Freiwilliger Mobilien-Verkauf.
Am Freitag, den 28. Februar 1834, um 9 Uhr Morgens, werden zu Drove im Sterbehause der Anna Catharina Himmelselig, Witwe von Peter Cünzeler, deren hinterlassene Mobilien, worunter Hausgeräthe aller Art, drei Wollen-Webstühle, zwei Kühe, ein Ochse, ein Pflug, Karrig, Egge u. s. w. an den Meistbietenden unter angemessenen Bedingungen versteigert werden.“

Zeitungsnotiz, Slg. Schnitzler. Der Vater Joseph Himmelselig war 1744 getauft worden.

1835

Die jüdische Schule
In den Uralten Weisthümern lesen wir, daß „eine Juddenscholen uf dem Vehmarkt“ war; ob dieses nun die Synagoge, ihr Bethaus oder eine gesonderte Schule gewesen, läßt sich nicht ermitteln. Im 17. Jahrhundert befand sich die jüdische Schule und Kirche in der Kölnstraße in dem Hause, früher mit No. 24 bezeichnet, welches der Herr Bürgermeister Dr. Günther mit seinem Hause durch einen Neubau verbunden hat. Im Jahre 1727 war Abraham Levy Lehrer der Judenschule welcher, weil er katholisch ward, in demselben Jahre abdankte. Gegenwärtig haben die Juden hier keine eigene öffentliche Schule, und besuchen deren Kinder die städtischen Elementarschulen, wofern die Eltern es nicht vorziehen, sie selbst zu unterrichten.

Bonn, Rumpel, Fischbach, Materialien zur Geschichte Dürens und seiner Umgebung, Düren 1835

08.09.1835

Der unten signalisirte Abraham Samson hat sich der gegen ihn wegen Mißbrauch des Zutrauens eingeleiteten Untersuchung durch die Flucht entzogen.
Auf den Grund des von dem Herrn Instruktionsrichter hierselbst erlassenen Vorführungsbefehls ersuche ich sämmtliche Polizeibehörden, auf das besagte Individuum zu wachen, im Betretungsfalle es zu verhaften und mir vorführen zu lassen.
Aachen, den 8. September 1835.
Der Königl. Ober-Prokurator. v. Fisenne, Prokurator.
Signalement des Abraham Samson.
Alter, 20 Jahre; Gewerbe, Handelsmann und Goldarbeiter; Geburtsort, Münstereifel; Wohnort, abwechselnd Düren und Münstereifel; Größe, 4 Fuß 10 Zoll; Haare, blond; Stirn, platt; Augenbraunen, blond; Augen, dunkelblau; Nase, platt; Mund, klein; Kinn, rund; Gesicht, rund.

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 46, Donnerstag, 17.09.1835

1837

In einem Bericht des damaligen Landrats von Egidy, veröffentlicht im „Stadt Dürener Anzeige- und Unterhaltungsblatt“, heißt es:
Düren, 15. Mai 1838
Die Bevölkerung [des Kreises] zerfällt in 47056 Katholiken, 787 Evangelische[n], 535 Juden, 1 Menonit [im Jahre 1837]. […] Der Kreis zählt […] 7 jüd. Betstuben

Heimatblätter. Beilage zur Dürener Zeitung, 13. Jahrgang, Nummer 11, Donnerstag, 28. Mai 1936

1841

Düren […] hat […] 2 katholische Pfarr- und 3 Klosterkirchen, […] 2 evangelische Kirchen und 1 Synagoge.

Malerische Beschreibung der Eisenbahn zwischen Köln und Aachen und der von ihr durchschnittenen Gegend […], Köln 1841, S. 36

31.12.1841

Die Stadt hat 7.952 Einwohner, davon: 7.476 Katholiken, 420 Evangelische, 56 Juden.

DA 1842 Febr. 12, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 91

1842

Die zunehmende Industrialisierung des Regierungsbezirks [Aachen] und der damit wachsende Wohlstand der Bevölkerung dürfte vor allem dazu geführt haben, daß die Zahl der Juden ständig zunahm. Zugleich war dies jedoch wohl auch Ausfluß einer allgemeinen Wanderbewegung der Juden in die west- und mitteleuropäischen Länder. So wohnten im Jahre 1842 in den Städten des Regierungsbezirks 2331 Juden. Damit hatte sich innerhalb von 20 Jahren die Zahl der Stadtbewohner nahezu vervierfacht. Wie schon seit langer Zeit betätigten sich viele im Handel. Viele waren Handwerker, andere Angestellte oder auch als Fabrikanten oder in freien Berufen tätig.

Weber, Hans: Die jüdische Bevölkerung im Regierungsbezirk Aachen, in: 150 Jahre Regierung und Regierungsbezirk Aachen. Beiträge zu ihrer Geschichte, Aachen 1967, S. 127

04.04.1842

Geradezu grossartig gestalteten sich darum am 4. April die Einführungs-Feierlichkeiten [für Pfarrer Vaßen], bei welchen sich alle Behörden, alle Stände und Confessionen ausnahmslos in begeisterter Weise betheiligten. […] Vor dem Rathhause angekommen, traten […] die Notabeln der israelitischen Gemeinde und viele Honoratioren der Stadt vor den Gefeierten und hiess ihn der Herr Bürgermeister Namens Aller herzlich willkommen.

Das 60-jährige Priester-Jubiläum des hochwürdigen Herrn Dechanten und Oberpfarrers zu St. Anna Anton Vassen […] [10./11.09.1882] veröffentlicht im Auftrage des Fest-Comité’s von dem Mitglied desselben Dr. Heinr. Brüll, Gymnasial-Religionslehrer, Düren, Hamel’sche Buchhandlung 1882, S. 12f.

01.10.1842

1. Oktober 1842
Die Regierung an den preußischen Minister des Innern und der Polizei, Graf Adolf von Arnim, betr. die Regulierung des Judenwesens
Für den Vorschlag, die Juden vom Betrieb der Schenkwirthschaft auf dem platten Lande auszuschließen, weil die Gestattung derselben sich als schädlich erwiesen haben soll, würden wir auf Grund gemachter Erfahrungen nicht anführen können, indem in unserm ganzen Bezirke nur drei Gastwirthschaften, zwei zu Aachen und eine in der Stadt Linnich (Kr. Jülich), und eine Schenkwirthschaft im Kreise Düren von Juden gehalten und auch nur von Juden besucht werden. Mißbräuche sind hierbei nicht wahrgenommen worden. […]

HStAD, RAA, Nr. 2473 (Bll. 78-87) (korrigierter Entwurf); ZStAM, Rep 77 tit. 30 Generalia Judensachen Nr. 117 vol II (S. 395-408) (Ausfertigung); Abdruck in Kastner, S. 498-502; Lepper I, S. 618ff

1843

Im Jahre 1843 gab es Bethäuser in Düren, dessen Judenschaft seit längerer Zeit eine besondere Bedeutung hatte, Gürzenich, Gey, Merzenich, Drove, Maubach, Weisweiler, Langerwehe und Lüxheim.

Weber, Hans: Die jüdische Bevölkerung im Regierungsbezirk Aachen, in: 150 Jahre Regierung und Regierungsbezirk Aachen. Beiträge zu ihrer Geschichte, Aachen 1967, S. 133

16.07.1843

Düren, 16. Juli. Auch die wenigen Mitglieder der hiesigen israelitischen Gemeinde haben, auf die erfreuliche Nachricht der von dem hohen Landtage beantragten Emanzipation der Israeliten, dem Präses unserer hiesigen Armenverwaltung 25 Thaler zur Brodvertheilung an die Armen überreicht.

Allg. Zeitung des Judenthums, 7. Jg. 1843, Heft 32, S. 470

1844

14.03.1844

„Dem israelitischen Schulamts-Kandidaten Herz Bein ist die Erlaubniß zur Eröffnung einer Privatschule für jüdische Kinder zu Langweiler, Kreises Jülich, ertheilt worden.“

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 12 v. 14.03.1844

21.03.1844

„Dem israelitischen Schulamts-Kandidaten, Josich Auerbach aus Bonn ist die Erlaubniß zur Errichtung einer Privatschule für Judenkinder zu Weißweiler, Kreises Düren, ertheilt worden.“

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 13 v. 21.03.1844

18.04.1844

„Folgende aus dem Bereiche des Königlichen 25. Infanterie-Regiments entwichene Individuen:
[…]
3. der Reservist Abraham Meyer, genannt Salm, am 30. Dezember 1817 zu Linnich, im Kreise Jülich, Regierungsbezirk Aachen, geboren, jüdischer Religion, Handelsmann, früher im Königl. 25. Infanterie-Regiment gedient, welcher sich vor längerer Zeit aus seinem Wohnort Bracheln heimlich entfernt und seitdem dem Dienste entzogen hat; […]
sind durch ein am 9. l. M. hierselbst ergangenes und am 13. ejusdem vom Königl. General-Kommando 8. Armeekorps bestätigtes Erkenntniß dahin verurtheilt worden: daß sie der Desertion in contumaciam für überführt zu erachten, ihr gesammtes gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen zu konfisciren und der Königl. Regierungs-Hauptkasse zu Aachen zuzusprechen.
Köln, den 18. April 1844
Königliches Gericht der 15. Division“

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 18 v. 25.04.1844

01.08.1844

Nach einem mißlungenen Attentat auf König Friedrich Wilhelm IV. Dankgottesdienste in den Kirchen und der Synagoge und Glückwunschadressen der Bürgerschaft an den König.

DA 1844 Aug. 7, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 93

18.12.1844

Der König hat der israelitischen Gemeinde zu Münz die Erlaubnis zur Errichtung eines Bethauses und des dazu notwendigen Grunderwerbs erteilt.

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 10 v. 27.02.1845

1845

10.04.1845

„Dem israelitischen Schul-Amts-Kandidaten Marcus Rosenberg aus Ahlen ist die Erlaubniß ertheilt worden, in der Stadt Düren eine Privatschule für Elementar- und Religions-Unterricht zu eröffnen.“

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 16 v. 10.04.1845

25.08.-08.09.1845

Die „Allgemeine Zeitung des Judentums“ zur Situation des jüdischen Gemeinde-, Kultus-, Schul- und Vereinswesens im Konsistorialbereich Krefeld mit Vorschlägen zu ihrer Verbesserung
Das linke Rheinufer hat noch von der französischen Herrschaft her drei Konsistorialsprengel, nämlich: Trier, Bonn und Krefeld, wovon letzterer, der größte, fast 1/3 der ganzen Rheinprovinz umfaßt. Der Rabbinats- und Konsistorialsprengel Krefeld umfaßt, wie gesagt, 1/3 der Rheinprovinz mit ungefähr 10000 jüdischen Einwohnern, welche dem größten Theile nach zerstreut und vereinzelt auf dem Lande in circa 130 Gemeinden wohnen. Im ganzen Sprengel ist keine Gemeinde, welche 500 jüdische Einwohner zählt; ja, manche sind so klein, daß sie kaum mehr als die ritualmäßige Anzahl enthalten. Die größten Gemeinden sind: Krefeld, mit 80 Familien, die größte Gemeinde des Sprengels, der Sitz des Rabbiners und des Konsistoriums; dann folgt Aachen, Kleve, Goch, Frechen, Neuß, Kerpen, Wickerathberg, Bergheim und Langweiler, welche letztere aber nur mit mehreren dazu gehörigen Dörfern eine Anzahl von 20 Familien übersteigen. Ueberhaupt ist dieses fast bei allen Gemeinden des sogenannten Jülicher Landes der Fall, daß mehrere Dörfer eine Gemeinde ausmachen.
[…] das Mitzwothverkaufen ist abgeschafft in Aachen, Wevelinghoven, Düren, Vierßen und Frechen.

AZJ Nr. 35 v. 25.8.1845 (S. 533 f.); Nr. 36 v. 1.9.1845 (S. 549-551); Nr. 37 v. 8.9.1845 (S. 564 f.). Abdruck in: Kastner, S. 953-959; Lepper I, S. 666-670

1847

01.02.1847

Aachen, 14. Januar (Privatmitth.) Das Andenken an hochsinnige Christen, welche die heilige Sache der Israeliten mit Eifer und Energie verfochten, ist wohl würdig auch in den Annalen der Geschichte des Judenthums verewigt zu werden. Einen solchen Mann hatten wir in diesen Tagen zur Erde zu bestatten. Die Aachen. Zeit. vom 12. schrieb: “Gestern verschied zu Düren Einer der edelsten Streiter für Freiheit und Recht, die unser Land jemals besessen, Herr Joseph Wergifosse, geboren in Aachen am 14. Februar 1797, Fabrikant und Gutsbesitzer im Kreise Düren, Gemeinderath daselbst, seit einer Reihe von Jahren Mitglied des rheinischen Landtages und des Ausschusses der Ritterschaft. Als Protokollführer der Stände, welche wichtige Stelle er auf den verflossenen beiden Landtagen bekleidet, legte er durch die übermächtigen Anstrengungen der denkwürdigen Sitzung des Jahres 1843, an deren Resultaten er auf’s Erfolgreichste mitgewirkt, den ersten Keim zu einer Krankheit des Blutes, deren Folgen er erlag. Noch bis zu den letzten Tagen seines thätigen Lebens beschäftigten ihn die öffentlichen Angelegenheiten, die rastlose Sorge für das Beste seiner Mitbürger im weitern und nächsten Kreise. Durchdrungen von dem unwandelbarsten Gefühl für Recht und Gerechtigkeit, jeglicher Menschenfurcht bar, das Gute und Edle mit dem wärmsten Herzen erfassend, war es sein täglicher Beruf, zu kämpfen für die heiligen Interessen der Menschheit, gegen Unrecht und Unterdrückung, in welcher Form und wo sie auch immer auftreten mochten, ohne Scheu vor Undank und Verleumdung – so oft, wie aller Ehrenmänner, auch sein Lohn vor den Augen der Welt. Tiefen Gemüths, klar und durchdrungen von seinem Streben, besaß er in seltenem Maße die Macht, sich die Herzen der Menschen zu gewinnen, eine Macht, die er, frei wie Wenige von Vorurtheilen und Egoismus, dem großen Uebel der Zeit, nur für Andere, für das Gemeinwohl zu nutzen wußte. Es war ihm nicht vergönnt, das hohe Ziel zu erblicken, das er mit seinen Gefährten und Freunden so manches jahr hindurch ausdauernd verfolgt: der Geschichtschreiber des Rheinlandes aber wird stets, im Hinblick auf jene Zeiten politischen Erwachens in unserm schönen Vaterlande, des Namens Joseph Wergifosse als der Ersten Eines gedenken. Er ruhe in Frieden!” Die Kölnische Zeitung fügt beim Abdruck dieses Artikels hinzu, diese Worte seien jedem Rheinländer aus der Seele gesprochen. Und so ist es, denn die Rheinländer kannten sein unausgesetzt thätiges Wirken für Freiheit und Recht, seine Aufopferung im Kampfe gegen Unrecht und Unterdrückung. Niemand aber hat diesen herben Verlust so sehr zu betrauern, als wir, die dem Judenthume angehören, denn einen bessern Freund, als den Verblichnen, haben wir nie gehabt. Sie werden hiernach leicht ermessen können, wie schmerzliche Gefühle uns bestürmten, als uns der gestern früh Morgens von Aachen abgehende Eisenbahnzug in großer Anzahl aufnahm, um uns zu dem in Düren stattfindenden Begräbniß zu führen. Uns Alle trieb die Pflicht der Dankbarkeit für den Dahingeschiedenen, ihm die Ehre zu bezeigen, welche leider allein noch möglich war. Doch waren wir nicht die Einzigen, welche von auswärts gekommen; von viel entfernteren Orten fanden wir Glaubensgenossen, welche dasselbe Gefühl hierher geführt hatte. – Ich bin im Stande, Ihnen hier einen Brief mitzutheilen, welchen Wergifosse im Jahr 1843 während des Landtages, von Düsseldorf aus, an eine sehr achtbare Dame Aachen’s schrieb, dessen Authentizität ich Ihnen verbürge. Leichter als ich es durch Worte vermöchte, wird Ihnen dieser Brief ein Bild des Mannes und seines Wirkens geben. Mag er als eine edle Reliquie des Mannes hier einen Platz finden.
Düsseldorf, den 16. Juli 1843.
Meine liebe Freundin!
Ich habe während der Diskussion über die Emanzipation der Juden oft und viel Ihrer gedacht, und es war mir ein wohlthuendes Gefühl bei dem Kampfe für die Juden auch für Sie mitzukämpfen. Obgleich des Sieges beinahe gewiß, denn ich hatte während der letzten Tage unablässig geworben, und täglich neue Stimmen gewonnen, so klopfte mein Herz bei dem namentlichen Aufruf ganz gewaltig, und die Stimme versagte mir, als ich das glänzende Resultat laut verkünden mußte. Ein katholischer Priester war Referent; wenn es diesem trefflichen Manne schon gelungen war, einen großen Eindruck zu machen, so war doch die Rede des Herrn von Beckerath aus Krefeld, so überwältigend, daß selbst diejenigen, welche gegen die Juden gestimmt hatten, ihre Thränen nicht unterdrücken konnten. Urtheilen Sie wie es mir dabei zu Muthe war, mir, auf den alle Augen gerichtet waren. Es war eine herrliche Sitzung, ich möchte sagen die feierlichste, welche wir noch gehabt haben. Auch der Landtagsmarschall war der Sache gewogen. Nach geschlossener Debatte machte er ein kleines Resumé, welches er mit der Erklärung schloß: “Er würde für die Juden stimmen.”
Das Resultat dieser Abstimmung hat die Gutgesinnten enger, brüderlicher verbunden; obgleich die beste Harmonie unter uns herrscht, so scheint es mir doch, als ob wir uns, sage ich, noch lieber hätten. Von allen Seiten wurde mir gratulirt, als ob ich ganz allein den Sieg davongetragen hätte, obgleich ich nur einen geringen Antheil daran habe. Am andern Morgen, in einem Briefe, den mir Herr von Beckerath zugeschickt, schrieb er am Schlusse: Heute Morgen beim Erwachen fiel der Gedanke an den gestrigen Sieg der Sache der Menschheit wie ein Lichtstrahl in meine Seele.
Und so war es mir auch, und so ist es mir jeden Tag, und so oft ich an diese Sitzung denke, welche als ein heller Stern in den Annalen des rheinischen

Allg. Zeitung des Judentums, 11. Jg. 1847, H. 6, S. 88-89

1847

23.07.1847

Nach dem Gesetz vom 23. Juli 1847, durch welches die Napoleonischen Dekrete von 1808 und 1810 abgelöst wurden, wurden im Regierungsbezirk [Aachen] die Juden in fünf Synagogengemeinden eingeteilt: Aachen, Düren, Jülich, Geilenkirchen-Heinsberg-Erkelenz und Gemünd, die die Landkreise Schleiden und Malmedy umfaßte und seit 1869 die Bezeichnung Synagogengemeinde Schleiden-Malmedy führte.

Weber, Hans: Die jüdische Bevölkerung im Regierungsbezirk Aachen, in: 150 Jahre Regierung und Regierungsbezirk Aachen. Beiträge zu ihrer Geschichte, Aachen 1967, S. 128

22.11.1847

Der Landrat des Kreises Aachen Haßlacher an die Regierung, Abt. des Innern, betr. die Bildung von Synagogen-Bezirken
[…] Allgemein wünscht man, daß das Verhältniß der Juden von Warden und Kinzweiler zu dem Bethause in Langweiler fortbestehen, und daher die Judenschaft dieser Orte mit dem Synagogenbezirk der Kreise Jülich, Geilenkirchen, Heinsberg und Erkelenz vereinigt, daß ferner das Verhältniß der Juden von Eschweiler zu dem Bethause in Weisweiler fixirt, und daher die sehr arme Judenschaft von Eschweiler mit dem Synagogenbezirk der Kreise Düren und Schleiden vereinigt, die übrige Judenschaft des Landkreises aber, mit der Judenschaft der Stadt Aachen zu einem gemeinschaftlichen Synagogenbezirke verschmolzen werden möge.
Ich trete diesen Vorschlägen umso lieber bei, als nach der Versicherung der vernommenen Juden es ihnen durch ihre Satzungen verboten ist, am Sabbath weiter als eine Stunde Wegs zum Gotteshause zu gehen, und als die durch die Lage der Wohnorte zu den nächsten Bethäusern bedingten Cultusverbände ohne Noth durch die Abgrenzung der neuen Synagogenbezirke nicht zerrissen werden dürfen.
Hinsichtlich der Juden der Stadt Eschweiler bemerke ich noch, daß sie fast durchweg sehr arm sind, und daß ihr Besuch des Bethauses zu Weisweiler bisher nur geduldet worden ist, ohne daß sie zu den dortigen Cultuskosten beigetragen haben.

HStAD, RAA Nr. 4277. Abdruck in: Lepper I, S. 692 f.

09.12.1847

9. Dezember 1847
Die Polizeidirektion an die Regierung, Abt. des Innern, betr. die für die israelitischen Einwohner des Aachener Regierungs-Bezirks zu bildenden Synagogen-Bezirke
Mittelst der verehrlichen Circular-Verfügung vom 7/15. v.M. bin ich angewiesen worden, mich über den Umfang der, für die israelitischen Bewohner des Regierungs-Bezirks Aachen zu bildenden Synagogen-Bezirke, von dem Standpunkte der praktischen Ausführbarkeit, so wie in dem Sinne des 35. des Gesetzes vom 23. Juli a.c. gutachtlich zu äußern und somit auch die in dieser Beziehung von dem israelitischen Consistorium zu Crefeld gemachten, mir kommunizirten Vorschläge, einer gründlichen Prüfung zu unterziehen.
Zuvörderst erlaube ich mir die Bemerkung, daß, nach dem in den vorgedachten Vorschlägen angegebenen Populations-Verhältnisse, bei welchem der Kreis Jülich und die Gemeinde Warden zusammenberechnet sind, so wie nach sorgfältig von mir eingezogener zuverlässiger Erkundigung, die gesammt jüdische Bevölkerung des hiesigen Regierungsbezirks nur 2358 und nicht, wie die Eingangs erwähnte Verfügung irrthümlich annimmt, 2611 Köpfe beträgt. Die gedachte Bevölkerung stellt sich nämlich auf folgende Weise heraus:
1. Stadt- und Landkreis Aachen mit Ausnahme der Gemeinde Warden 453 Köpfe
2. die Kreise Düren u. Schleiden 754 Köpfe
3. der Kreis Jülich, einschließlich der Gemeinde Warden 731 Köpfe
4. die Kreise Geilenkirchen, Heinsberg und Erkelenz 420 Köpfe
 Summa 2358 Köpfe
Es ist ein durchaus richtiger, von dem Crefelder-Konsistorium angenommener Grundsatz, daß, zur Erreichung des von dem angezogenen Gesetze beabsichtigten wohlwollenden Zweckes, für die staatliche so wie die moralische Fortbildung der Juden die möglichste Konzentration der Kräfte aller einzelnen Gemeinden und daher die Formirung von großen Synagogen-Bezirken vorzugsweise nothwendig sei. […]
Was den Vorschlag des vorgedachten Consistoriums: die Kreise Düren und Schleiden zu einem Synagogen Bezirke zu vereinigen, betrifft, so würde ich mich nur in dem Falle, mit selbigem unmaasgeblich einverstanden erklären können, wenn Eine Königliche Hochlöbliche Regierung den, vom Consistorium ausgesprochenen Grundsatz, der möglichsten Contzentration der Kräfte der einzelnen jüdischen Gemeinden, unbedingt zu genehmigen sich veranlaßt finden sollte, und, unter dem Ausdrucke „Kräfte“ blos die Kopfzahl der einzelnen Gemeinden, ohne Rücksicht auf den intellektuellen Standpunkt und die geographische Lage, Entfernung und sonstige beachtungswerthe Verhältnisse, verstanden werden soll.
Die jüdische Bevölkerung des Kreises Düren beträgt, nach der Angabe des Consistoriums, 558, jene des Kreises Schleiden aber nur 196 Seelen. Die letztgedachte Population ist zwar nicht bedeutend, wogegen die des Dürener Kreises nach jener von Jülich die größere des ganzen Regierungs-Bezirks ist, mithin wohl zu einem für sich allein bestehenden Synagogen-Bezirk füglich eignen könnte. - Wenn ich nun in Erwägung ziehe, daß die jüdischen Bewohner des Kreises Schleiden größtentheils zerstreut leben, und wegen ihrer theilweisen nicht geringen Entfernung von Düren, wohl am besten ihren Vereinigungs-Punkt in Gemünd finden mögten, so kann ich um so weniger den Wunsch, daß der Kreis Schleiden für sich allein einen besonderen Synagogen-Bezirk bilden möge, unterdrücken, als das vorgenannte Städtchen bereits eine Synagoge besitzt und in demselben, wie bekannt, einige recht strebsame und ziemlich gebildete Juden wohnen. Ich erlaube mir übrigens, jenem Wunsche noch die Bemerkung hinzuzufügen, daß, wie ich in Erfahrung gebracht, Düren überall nicht die Persönlichkeiten darbiethet, welche durchaus geeignet sind in einem Bezirk von 558, mithin in Verbindung mit Schleiden von 754 Seelen eine umsichtige und erfolgreiche Verwaltung für die erforderliche staatliche und moralische Fortbildung der Juden erwarten zu lassen. […]

HStAD, RAA Nr. 2477. Abdruck in: Lepper I, S. 693-696

1848

03.04.1848

Köln, 24. März. Gestern und heute haben auf dem hiesigen Rathhause Vertreter der Gemeinderäthe der siebenzehn rheinischen Städte: Aachen, Andernach, Barmen, Bonn, Breisig, Koblenz, Krefeld, Düren, Düsseldorf, Elberfeld, Neuß, Remagen, Sinzig, Trier, Uerdingen, Viersel und Wesel, in Verbindung mit unserm Gemeinderathe Berathungen gepflogen, als deren Resultat eine Adresse an Se. Maj. den König beschlossen wurde, in der es heißt: 5) Freiheit der Gottesverehrung, gleiche politische Berechtigung aller Staatsbürger ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses und gänzliche Trennung der Kirche vom Staate.

Allg. Zeitung des Judentums, 12. Jg, H. 15, S. 225

1849

31.01.1849

„Verzeichniß derjenigen Personen, welchen durch rechtskräftige Urtheile die Ausübung der bürgerlichen Rechte auf bestimmte Zeit untersagt worden, für die Jahre 1847 und 1848. […]
[Nro.] 18 [Nro. des Urtheils] 293 [Datum des Urtheils] 13. Dezember 1848 [Name] Heymann, Hermann [Alter] 29 [Gewerbe] Uhrmacher [Wohnort] Düren [Dauer des Verlustes] 5 Jahre [Endigung der Strafe] 13. September 1854.
[…] Vorstehendes Verzeichniß wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht.
Aachen, den 31. Januar 1849.
Der Königl. Ober-Prokurator, Packenius“

Amtsblatt der Regierung zu Aachen, Nr. 8 v. 15.02.1849

Mit der Verkündigung der Preußischen Verfassung entfällt die Sonderstellung der Juden. „Vor dem Gesetz sind jetzt alle Preußen gleich; damit ist auch die Ausnahmestellung der Juden beseitigt, für die sich unermüdlich rheinische Abgeordnete wie Mevissen, von Beckerath, Hansemann und Joseph Wergifosse eingesetzt hatten. Ein Zeugnis für den Dank der Juden finden wir in Düren in der Spende von 1000 Talern der israelitischen Gemeinde in Berlin für unsere hiesige Rheinische Provinzial-Blinden-Anstalt.“
Fußnote dazu: „Der Dürener Abgeordnete Joseph Wergifosse hatte sich namentlich im Preußischen Landtag für die Abschaffung des sogenannten Judendekrets eingesetzt, wodurch die staatsbürgerlichen Rechte der jüdischen Untertanen erheblich eingeschränkt wurden. Als Erkenntlichkeit erhielt er aus der Hand wohlhabender Juden von allen Seiten her Geldbeträge zur Errichtung einer wohltätigen Anstalt in der Rheinprovinz.
Im Verein mit seinen Gesinnungsgenossen errichtete er die hiesige Blindenanstalt, welche er auch eröffnete. Vgl. Rur-Zeitung 1897, Nr. 1“

Aufmwasser, Dr. H.: Das Dürener Zeitungswesen. Von den Anfängen bis 1870, Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, 10. Jahrgang 1933, Nr. 5 v. 2. März 1933, S. 33