Mögliche Deportationsorte Dürener Juden
 
Distrikt Lublin, Generalgouvernement [Polen]
Lublin, Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft; zu Beginn des WK2 wohnten hier 40.000 Juden (von 122.000 Einwohnern). Sitz des Leiters der Aktion Reinhard, Odilo Globocnik
Belzec, Vernichtungslager an der Eisenbahnlinie Lublin-Lemberg; Beginn der Morde Mitte März 1942
Izbica, Durchgangsghetto, 57 km südöstlich von Lublin
Izbica, 57 km südöstlich von Lublin und 18 km südlich der Kreishauptstadt Krasnystaw gelegen, war im 18. Jahrhundert von jüdischen Siedlern gegründet worden. Um den Ort herum wohnten polnische Bauern. Während die meisten Häuser aus Holz waren, besaßen einige „Wohlhabende“ Häuser aus Ziegelsteinen. Ein paar Brunnen versorgten die Bevölkerung mit Wasser; Elektrizität gab es bis zur Mitte der dreißiger Jahre nicht. Bei einem jüdischen Bevölkerungsanteil von über 80 Prozent wandelten die deutschen Besatzungsbehörden zunächst die gesamte Stadt in ein Ghetto um; zusätzlich wiesen sie Juden aus anderen Städten – vornehmlich aus dem Warthegau – ein. Eines umzäunten Lagers im üblichen Sinne bedurfte es nicht, denn die gesamte Siedlung stellte aufgrund ihrer separierten Lage und der für die dorthin deprotierten Juden unwirtlichen Umstände ein beinahe geschlossenes Ghetto dar. Als im März 1942 die ersten Transporte aus dem Deutschen Reich und Theresienstadt eintrafen, entwickelte sich Izbica zu einem Durchgangsghetto für die Vernichtungsstätten Sobibor und Belzec. Die Zahl der Bewohner von Izbica stieg von 6.000 auf nahezu 12.000 Menschen an. Ausgangssperren hinderten die dorthin verbrachten Menschen am Verlassen der Gemeinde Izbica, und bei den „Aussiedlungsaktionen“ umstellten Postenketten den Ort im Distrikt Lublin. […]
Bereits am 24. März 1942 wurden etwa 2.200 polnische Juden aus Izbica nach Belzec transportiert; eine große Massendeportation der „Reichsjuden“ aus Izbica mit mehr als 5.000 Opfern folgte am 15. Oktober 1942. […]
Nachdem am 21. Mai 1942 eine erneute Anfrage des RSHA an die Staatspolizei(leit)stellen wegen der Zahlen der noch in ihren Bezirken wohnenden Juden herausgegangen und bis zum 27. Mai 1942 beantwortet war, bestimmte das RSHA eine letzte Gruppe von Sonderzügen in den Distrikt Lublin genauer. […]
Bald darauf setzte am 8. Juni 1942 auch die Deportation von zahlreichen „nicht arbeitsfähigen“ deutschen Juden aus Izbica nach dem etwa 50 km entfernt gelegenen Vernichtungslager Belzec ein.
Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 137ff, 211, 213
Krasniczyn
Das Dorf Krasniczyn lag unweit der Kreisstadt Krasnystaw östlich von Lublin. Dorthin waren im März 1942 bereits viele „Reichsjuden“ aus Izbica geschickt worden.
Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 204.
Majdanek, Vernichtungslager, Vorort von Lublin (Majdan Tatarski); Errichtung am 20. Juli 1941
Sobibor, Vernichtungslager östlich von Lublin, Errichtung März/April 1942, Beginn der Morde Mai 1942
Trawniki, Bahnstation rund 35 km östlich von Lublin
Die Zielangabe „Trawniki bei Lublin“ in den Richtlinien vom Frühjahr 1942 bezeichnete tatsächlich kaum jemals den endgültigen Bestimmungsort der Züge, sondern war im Reich wohl nur ein Kennwort für die gesamte „Aktion“ und überließ weitere Dispositionen vorwiegend dem von Himmler persönlich mit dem Judenmord in diesem Gebiet beauftragten SS- und Polizeiführer in Lublin, Odilo Globocnik und seinen Leuten. […] Im Verlauf der Deportationen in den Distrikt Lublin ab März 1942 wurde kein einziger „Judentransport“ aus dem Reich in Trawniki untergebracht. […] Allerdings zeigt die Darstellung der einzelnen Transporte, dass der Stab des Lubliner SS- und Polizeiführers die Züge mit Juden aus dem „Großdeutschen Reich“ zwischen Mitte März und Mitte Juni 1942 in die – zumeist nicht weit von Trawniki entfernt gelegenen – Ortschaften Izbica (Kreis Krasnystaw), Piaski (Kreis Lublin-Land), Rejowiec (Kreis Cholm), Zamosc (Kreis Zamosc) und in andere Dörfer des Lubliner Distrikts leitete. […]
Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 137ff.
Zamosc
Zamosc, die Geburtsstadt Rosa Luxemburgs, lag – etwa 240 km südöstlich von Warschau und 110 km nordwestlich von Lemberg entfernt – damals im Verwaltungsbezirk Lublin. Der malerische Ort zog bald die Aufmerksamkeit der „Ansiedlungsstäbe“ auf sich; die Einweisung von Juden aus dem Reich wurde nur als vorübergehend angesehen. Nach dem Einmarsch der deutschen Besatzungstruppen waren bereits 8.000 Menschen aus Zamosc und Umgebung getötet worden, Zehntausende aus der Region wurden deportiert, darunter mehr als 40.000 Kinder. Über 10.000 Juden aus Zamosc wurden in dem nur 45 Kilometer entfernten Vernichtungslager Belzec ermordet. Zamosc sollte fortan als Germanisierungszentrum dienen, sodass seit November 1942 auch zahlreiche nichtjüdische Polen aus dem Landkreis in verschiedene Lager verschleppt wurden. Die Stadt blieb im Krieg weitgehend unzerstört.
Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 203
 
Warschau, Generalgouvernement [Polen]
Treblinka, Vernichtungslager 80 km nordöstlich von Warschau, Errichtung Juni/Juli 1942, Beginn der Morde am 23. Juli 1942 mit den Massendeportationen aus dem Warschauer Ghetto.

Minsk [Weißrussland]
Hauptstadt Weißrusslands, im Sommer 1941 ca. 240.000 Einwohner, davon ein Drittel Juden. Nach der Eroberung durch die Deutschen am 28. Juni 1941 Errichtung eines Ghettos, in dem bis zu 100.000 Personen interniert sind. Durch mehrere große Mordaktionen wird diese Zahl bis zur Befreiung am 3. Juli 1944 nahezu ausgelöscht.
Zwischen November 1941 und Oktober 1942 wurden insgesamt 35.442 Juden aus Deutschland und dem Protektorat Böhmen und Mähren nach Minsk deportiert. Die meisten wurden mit dem Zug direkt nach Maly Trostinec gebracht und dort ermordet. Im November 1941 trafen die ersten Transporte in Minsk ein. Sie umfaßten Juden aus Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, Berlin, Brünn, Bremen und Wien. Diese Juden wurden in einem gesonderten Ghettobezirk neben dem Hauptghetto untergebracht.
Dieses separate Ghetto hatte fünf Abteilungen, entsprechend der regionalen Herkunft der Juden: Hamburg, Berlin, Rheinland, Bremen, Wien. Zum Hauptghetto bestanden kaum Verbindungen. Die deutschen Juden wurden in der größten „Aktion“ zwischen dem 28. und 31. Juli 1942, am 8. März 1943 und im Herbst 1943 ermordet. Einige schickte man nach Budzyn ins Arbeitslager. Bei der Befreiung von Minsk waren lediglich zehn deutsche Juden am Leben.
Enzyklopädie des Holocaust, Bd. II., S. 950ff.
Maly Trostinec
Die Exekutionsstätte von Maly Trostinec lag auf einem Gebiet etwa 15 km südöstlich der Stadt Minsk an der „Rollbahn“ oder Landstraße nach Mogilev auf einer ehemaligen Kolchose, die von Kräften der deutschen Polizei bewirtschaftet wurde.
Gottwaldt / Schulle, Judendeportationen, S. 235

Riga [Lettland]
Hauptstadt von Lettland, im Juni 1940 von der Sowjetunion annektiert, am 1. Juli 1941 von den Deutschen besetzt. Mitte August 1941 Bildung eines Ghettos im „Moskauer Viertel“ mit ca. 30.000 Einwohnern. Trennung der zwangsarbeitenden Juden in einem separaten „kleinen Ghetto“. In der Nacht des 30. November und am 8./9. Dezember Umstellung des „großen Ghettos“ und Verschleppung der Bewohner in den Wald von Rumbula, wo sie erschossen wurden. In das „große Ghetto“ wurden nun aus dem Reich deportierte Juden aufgenommen. Am 1. November 1942 Vereinigung der beiden Ghettos und bis Dezember 1943 allmähliche Leerung durch Ermordung, Verlegung an Zwangsarbeitsplätze und in andere KZs (z.B. Stutthof). Am 13. Oktober 1944 wurde Riga von der sowjetischen Armee befreit. Etwa 150 Juden, darunter einige Kinder, hatten überlebt.
Enzyklopädie des Holocaust, Bd. II., S. 1228ff.

Westerbork [Niederlande]
Am 12. April 1939 wurde in der zweiten Kammer der niederländischen Generalstaaten […] der Antrag angenommen, ein zentrales Flüchtlingslager sowohl für die legal in den Niederlanden zugelassenen wie für die illegal dort lebenden jüdischen Flüchtlinge zu errichten. Im August wurde mit dem Bau begonnen, die ersten Bewohner meldeten sich im Oktober. […] Im Juli 1940 [d.i. nach dem deutschen Einmarsch] wurde die Verwaltung des Lagers dem niederländischen Justizminiterium unterstellt. […] Vor dem 1. Juli 1942 zeigten sich Vertreter der deutschen Behörden kaum im Lager. […]
Der Reichskommissar Dr. A. Seyss-Inquart wartete bis zum 1. Juli 1942 und sandte dann den Chef der Abteilung IV des Personalstabes des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD (Dr. W. Harster), den SS-Sturmbannführer und Mitglied des Regierungsstabes Erich Deppner, um das Lager seiner neuen Bestimmung als Judendurchgangslager im Zusammenhang mit der „Entjudung“ der Niederlande zuzuführen. Er sollte auch dafür Sorge tragen, daß unverzüglich, innerhalb weniger Wochen die ersten Transporte jüdischer Niederländer nach Auschwitz abgingen, wo inzwischen die Massenvergasungen mit dem Insektenvernichtungsmittel „Zyklon B“ in Gang gesetzt worden waren. […]
Der erste Transport nach Auschwitz verließ Westerbork am 15. Juli 1942 […]. Bis zum 13. September 1944 sind insgesamt 100 Züge von Westerbork abgegangen, 66 nach Auschwitz, 19 nach Sobibor, 7 in das „Altersghetto“ Theresienstadt und 8 in das „Austauschlager“ Bergen-Belsen. Nach Auschwitz gingen 58.380 Personen, nach Sobibor 34.333, nach Theresienstadt 4.771 und nach Bergen-Belsen 3.724* – insgesamt 101.208 Personen. Von diesen Transporten kamen 854 Überlebende aus Auschwitz zurück, 19 aus Sobibor, ca. 1.980 aus Theresienstadt und ungefähr 2.050 aus Bergen-Belsen.
* leicht abweichende Zahlen in: Enzyklopädie des Holocaust, Bd. III., S. 1578
Stuldreher, Deutsche Konzentrationslager in den Niederlanden, in: Dachauer Hefte 5, Die vergessenen Lager, Dachau 1989, S. 141-173

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