1941 wurden die jüdischen Bewohner aus Gey, Maubach und Drove lagermäßig in der Thuirs Mühle untergebracht. Meine Eltern lebten dort in einem Raum zusammen mit Carl Lichtenstein, seiner Ehefrau und seinem Söhnchen Rudolph.
In einem anderen Raum waren Isaak Meyer, seine kranke Ehefrau Lina geb. Meyer und Tochter Elly untergebracht. Am Tage des Abtransports meiner Eltern zum KZ durfte ich sie mit Genehmigung der Gestapo Köln besuchen. Ich hatte den Entschluß gefaßt, meine Eltern zu begleiten, wohin es auch immer ginge. Da ich aber zu dieser Zeit in Köln lebte, unterstand ich der Gestapo Köln und mußte von dort, wie man mich belehrte, zuerst freigestellt werden. Diese Tatsache rettete mein Leben.
Meine Eltern, meine Schwester und Familie Lichtenstein wurden zunächst mit der Straßenbahn von Lendersdorf zum Bahnhof Düren transportiert. Vom Bahnhof Düren nach Izbica/Wierpz, Kreis Krasnistow, Distrikt Lublin, von wo mich Post erreichte bis August 1942.
Erich Meyer in: Müller, Regina, S. 189
Montag, 27.01.1941
Jüdische Arbeitnehmer [im Amt 
                Nörvenich], denen für das Jahr 1941 Lohnsteurkarten 
                ausgestellt worden sind:
                Schwarz, Moritz „Israel“, 
                Arbeiter, Hochkirchen, Kirchstraße 11, *23.7.1898, 
                [beschäftigt bei:] Peter Durst, Hochkirchen, 
                Zülpicher Straße 57 
            
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 69
Freitag, 31.01.1941
Der Jüdin Julia „Sara“ Schwarz, Nörvenich, wird von der Geheimen Staatspolizei eine Ausnahme-Genehmigung erteilt, die Ausgeh-Zeit wegen einer Arztbehandlung bei Dr. med. Walter „Israel“ Marx* in Köln zu erweitern.
*auf seinem Rezeptformular war ein 
                Davidstern in einem Kreis abgebildet. „Zur 
                ärztlichen Behandlung ausschließlich von Juden 
                berechtigt.“
 
            
Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 69
Mittwoch, 02.04.1941
Den Bürgermeistern wurde vom Landrat 
                in Düren mitgeteilt, dass die jüdischen Familien aus 
                ihren bisherigen Wohnungen entfernt und geschlossen im Kreis 
                Geilenkirchen untergebracht werden. Die Bürgermeister 
                werden gebeten, die Namen und Anschriften der jüdischen 
                Haushaltsvorstände in ihrem Bezirk zu berichtigen.
                Bürgermeister Breidkopff 
                [Nörvenich] teilte folgendes mit:
                – Benno Hermanns, Nörvenich, 
                Herm. Göringstr. 27, 4 Personen, 2 zum Straßenbau 
                herangezogen
                – Julia „Sara“ Schwarz*, 
                Nörvenich, Herm. Göringstr. 27, 4 Personen
                – Witwe Phil. Schwarz, Hochkirchen, 
                Kirchstr. 11, 3 Personen, 1 zum Straßenbau herangezogen
                – Witwe Karl Schwarz, Hochkirchen, 
                Hauptstraße 6, 2 Personen
                – Witwe Mark. Lachs**, Hochkirchen, 
                Hauptstr. 54, 3 Personen 
            
*Die Tochter, Ehefrau Treu, und ihre Kinder Eva und Ruth sind in dem Haushalt der Mutter Julia Schwarz untergebracht. Das Haus wurde 1938 von Eheleute Gerhard Zündorf gekauft. Am 30. Mai 1940 wurde das Haus „entjudet“. Der Verkauf war nötig, da Frau Julia Schwarz eine Bankbürgschaft für ihren Schwiegersohn Josef Treu übernommen hatte. In einem Brief der Wiedergutmachungskammer Aachen vom 26.2.1953 wird die Adresse Fr. Julia Schwarz, Juares Ort 702 Saltillo-Coah, Mexiko, angegeben.
** Walter Haase ist im Haushalt seiner Schwiegermutter Wwe. M. Lachs.
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 71
24./25.04.1941
Am 24. und 25. April [1941] wurden die jüdischen Bewohner Dürens in der alten Gerstenmühle kaserniert. Aus ihren bisherigen Privatwohnungen durften sie Möbel für 1 Zimmer mitnehmen. Das übrige bewegliche Eigentum soll versteigert werden, die eigenen Häuser wurden beschlagnahmt und enteignet. Aus dem Erlös für diese Vermögenswerte wird den Familien eine monatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt gezahlt. Das Essen soll aus einer Gemeinschaftsküche bezogen werden. Drei Dürener jüdische Personen sollen vorgezogen haben, vorher in die Ewigkeit zu gehen.* Darunter ist ein Fräulein C[…]. Die Juden aus Rölsdorf und Umgegend brachte man in einem Raum der frühern Fabrik Napp unter. Traurig aber wahr.
*Fußnote des Hg.: In der fraglichen Zeit, März und April 1941, sind beim Standesamt Düren drei Todesfälle von Juden beurkundet: Ein 59 Jahre alter Mann, gestorben am 16. März 1941, Todesursache Arteriosklerose; eine 83 Jahre alte Frau, gestorben am 20. April 1941, Todesursache Herzmuskelentartung, Wassersucht, Herzschwäche; eine 59 Jahre alte Frau, tot aufgefunden am 25. April 1941, Todesursache Schlafmittelvergiftung und Erhängen (Freitod).
Tagebuch Lambert Derichs, in: Domsta, Düren 1940-1947, S. 299
24.04.-03.05.1941
Auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei werden die jüdischen Bewohner Dürens in der ehemaligen Gerstenmühle, Oberstraße 76b, kaserniert. Ihre „überflüssigen“ Möbel und Haushaltungsgegenstände kommen in das Gebäude „Zur Altdeutschen“ und werden dort später versteigert. Die Juden aus Rölsdorf und Umgegend bringt man in einem Raum der früheren Fabrik Napp unter, diejenigen aus weiteren Orten der Umgebung am 9. Mai in der Thuirsmühle, Schneidhausener Weg 15, in Lendersdorf.
Domsta, Düren 1940-1947, S. 407 A 14, 
                15; StAD, S 1/230; Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 209
 
                
            
Donnerstag, 29.04.1941
Der Landrat, Düren, teilt den 
                Bürgermeistern mit:
                … Umsiedlung der Juden … Als 
                Unterbringungsräume kommen die Gerstenmühle in 
                Düren, das Gebäude Napp in Düren-Rölsdorf 
                und die alte Mühle in Lendersdorf in Frage.
                Der Landrat übersendet im Auftrage der 
                Staatspolizeistelle den einzelnen jüdischen Familien 
                über die Polizeiverwaltungen die Umzugsanordnungen. Die 
                jüdische Gemeinde verteilt die jüdischen Familien auf 
                die ihr zugewiesenen Quartiere.
                Die jüdische Gemeinde führt die 
                Freimachung der bisherigen jüdischen Wohnungen durch. Sie 
                überwacht die Unterbringung und Verwahrung der Möbel 
                auf den Lägern und mietet diese ihrerseits an. Als 
                Lagerräume für die überflüssigen Möbel 
                stehen bereit:
                u.a. in Nörvenich ein Raum in der Burg 
                für das Amt Nörvenich … Die Polizeiverwaltungen 
                nehmen die Schlüssel der freigemachten Häuser und 
                Wohnungen vorläufig in Besitz … In die freiwerdenden 
                Wohnungen weisen die Amtsbürgermeister im Benehmen mit den 
                Ortsgruppenleitern deutsche Volksgenossen ein. 
            
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 72
Sonntag, 02.05.1941
[Nörvenich:] Marianne „Sara“ Hermanns unterschreibt dem Gemeindediener, dass sie die Umzugs[an]ordnung des Landrats erhalten hat, auch Julia „Sara“ Schwarz.
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 73
09.05.1941
Meldekarte der Julia Fromm [Abb.].
                Die Daten besagen, dass die 75 Jahre alte 
                Witwe Julia Fromm geb. Fromm, Jüdin, am 9. Mai 1941 von 
                ihrem Geburts- und Wohnort Gürzenich aus in die 
                Thuirsmühle in Lendersdorf „zugezogen“ ist, 
                d.h. dort interniert wurde, und von dort am 25.7.1942 
                „nach unbekannt ausgewandert“ ist. Tatsächlich 
                wurde sie nach Minsk deportiert; wann sie ermordet wurde, ist 
                unbekannt. 
            
StAD, Einwohnerkartei bis 1978, Kasten 25; Domsta, Düren 1940-1947, S. 300
Freitag, 16.05.1941
Der Landrat, Düren, Vertraulich
                „Der Kreisleiter hat mich gebeten, 
                die Herren Amtsbürgermeister nochmals aufmerksam zu 
                machen, dass über die Juden-Häuser und -Wohnungen nur 
                mit seiner ausdrücklichen Zustimmung verfügt werden 
                darf.“
 
            
GA Niederzier, in: Dominicus, Chronik des 
                Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 73
 
                
            
Freitag, 06.06.1941
Mathias Dorr, Rechtsanwalt* aus Düren, fungiert als Treuhänder des jüdischen Grundbesitzes im Kreis Düren. Er schreibt an den Amtsbürgermeister von Nörvenich und ist damit einverstanden, dass die Vermietung des Judenhauses Hermanns an Franz J. erfolgen kann. Der aktuelle Mietpreis wird von Herrn Breidkopff [Bürgermeister Nörvenich] mit RM 20,- angegeben. Der Rechtsanwalt möchte die jetzige Anschrift des Eigentümers wissen.
*GA Niederzier, 5. Mai 1941: Der Landrat bestimmt Rechtsanwalt Mathias Dorr, Düren, Hohenzollernstraße, als treuhänderischen Verwalter des jüdischen Grundeigentums.
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 75
Freitag, 18.07.1941
Ein Brief von Frau Josef 
                „Israel“ Treu aus Lendersdorf* an die 
                Gemeindeverwaltung in Nörvenich, in dem sie darauf 
                hinweist, dass sie die Miete für die Unterstellung eines 
                Kinderbetts in der Burg Nörvenich aufzubringen hat. 
                „Es dürfte Ihnen gewiss bekannt sein, dass ich 
                vollkommen ohne geldliche Mittel bin. Sie wurde auf Anordnung 
                dazu gezwungen, dieses Kinderbett in der Burg unterzustellen, 
                sie durfte es niemandem übergeben.“
 
            
Apotheker Jakob Schorn unterschreibt in 
                Vertretung des Amtsbürgermeisters eine Aktennotiz: 
                „… Nach Rücksprache mit dem Landratsamt 
                (Oberinspektor Brandt) können die in der Burg in 
                Nörvenich aufeinander gestellten Sachen der Juden zur 
                Verfügung gestellt werden, da die untergestellten Sachen 
                in keinem Verhältnis zu dem monatlich aufzubringenden 
                Mietwert stehen. Frau Hermanns wurde mündlich aufgegeben, 
                den Raum in der Burg zu räumen und die Antragstellerin (zu 
                unterrichten).“
 
            
* dorthin zwangsweise umgezogen Anfang Mai 1941
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 80
Dienstag, 12.08.1941
Wwe. Berta „Sara“ Kratz aus Nideggen bittet den Bürgermeister von Nörvenich um Zuzugsgenehmigung zur Familie Lachs in Hochkirchen, „… da ich in meinem Hause nicht bleiben kann.“ Dem Antrag wurde durch den Landrat und den Ortsbürgermeister stattgegeben.
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 81
Freitag, 05.09.1941
Frau Bernhard V. in Hochkirchen ist an den 
                Rechtsanwalt Mathias Dorr, als Treuhänder des 
                jüdischen Grundbesitzes im Kreise Düren, 
                herangetreten und möchte das Judenhaus Hauptstr. 4, 
                Eigentümer Wwe. Carl Schwarz, Rosa „Sara“ geb. 
                Weber, mieten. Der Garten wurde bereits zur Hälfte von 
                einem namens B. (Molkerei) benutzt …
 
            
Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 84
19.09.1941
Vom 19. [September 1941] ab tragen alle Juden und Jüdinnen auf der linken Brustseite einen 10 cm Durchmesser großen gelben Stern mit dem Aufdruck „Jude“.
Tagebuch Lambert Derichs, in: Domsta, Düren 1940-1947, S. 299
Mittwoch, 22.10.1941
Mathias Dorr, Rechtsanwalt aus Düren, fungiert als Treuhänder des jüdischen Grundbesitzes im Kreis Düren, er schreibt an den Amtsbürgermeister von Nörvenich, ob Vorschläge zur Vermietung des Judenhauses Hauptstr. 54 Wwe. Markus Lachs vorliegen. Den Mietpreis Erdgeschoss und 1. Etage legt der Bürgermeister mit RM 15,- fest.
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 85
Dienstag, 11.11.1941
Die Geheime Staatspolizei Aachen, ein Herr 
                Schwitzgiebel, schreibt an die Landräte zur Weiterleitung 
                an die Bürgermeister:
                „Verhalten Deutschblütiger 
                gegenüber Juden
                In der letzten Zeit wurde wiederholt 
                bekannt, dass deutschblütige Personen nach wie vor 
                freundschaftliche Beziehungen zu den Juden unterhalten und sich 
                mit diesen in auffälliger Weise in der Öffentlichkeit 
                zeigen. Da die betreffenden Deutschblütigen auch heute 
                noch den elementarsten Grundbegriffen des Nationalsozialismus 
                verständnislos gegenüberzustehen scheinen und ihr 
                Verhalten als Missachtung der staatlichen[?] anzusehen ist, 
                kann in solchen Fällen der deutschblütige Teil 
                vorübergehend in Schutzhaft genommen bzw. in 
                schwerwiegenden Fällen bis zu Dauer von drei Jahren in ein 
                Konzentrationslager eingewiesen werden. Der jüdische Teil 
                wird in jedem Falle bis auf weiteres unter Einweisung in ein 
                Konzentrationslager in Schutzhaft genommen. Ich bitte, mir dort 
                bekannt werdende Fälle zur Entscheidung 
                vorzulegen.“
 
            
GA Nörvenich 41-9, in: Dominicus, Chronik des Amtsbezirks Nörvenich 1932-1946, 2. Aufl., S. 86
											