Seit 1241/42 werden Juden in Düren erwähnt. Nach der Vernichtung der Gemeinde zur Zeit des Pestpogroms siedelten sich Juden vor 1370 wieder an, 1404 lebten mindestens acht Familien in Düren. Bereits vor 1600 hatten sie eine „Juddenschol vf dem Vehmarkt“ eingerichtet. Während des 17. und 18. Jahrhunderts erhielten mehrere Familien ein Geleit. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts lebten im Landratsamt Düren etwa 600 Juden, etwa 10% davon in der Stadt Düren. Nach dem Gesetz von 1847 wurde die Kreissynagogengemeinde Düren konstituiert, die mehrere Filialgemeinden umfasste: Düren, Drove, Gey, Pier, Embken, Langerwehe, Lüxheim, Gürzenich, Weisweiler und Vettweiß. Am 16. August 1858 bestätigte das Oberpräsidium der Rheinprovinz ihre Satzung. Die Mitgliederzahl stieg bis 1926 auf 951, davon zählten 557 Juden zur Filialsynagogengemeinde Düren.
DNaussenIm 17. und 18. Jahrhundert befand sich ein Lehr- und Betraum im Hause Kölnstraße, heute Nr. 24. Die Synagoge in der Schützenstraße 20, auf deren Gelände sich ebenfalls eine Schule befand, wurde 1869 erbaut und Ende Mai 1872 eingeweiht […, siehe hierzu auch: Allgemeine Zeitung des Judenthums, Jg. 36, 1872, Nr. 43 v. 22.10.1872, S. 851-852]
Vor ihrer Renovierung im Jahre 1921 zeigte die Synagoge außen orientalisierende Formen. Während das Gebäude an den Seiten durch Pilaster, zwischen denen unter dem Dachansatz ein Rundbogenfries verlief, wohl in sieben Achsen gegliedert war, unterteilt sich die Fassade horizontal und vertikal. Polygonale Strebepfeiler rechts und links vom rundbogigen Eingangsportal enden in üppig verzierten Türmchen mit kleinen Kuppeln, die einen Magen David [„Schild Davids“, einen aus zwei gleichseitigen Dreiecken gebildeten Stern, der seit der frühen Neuzeit als jüdisches Symbol verwendet wird] tragen. Auch wird die Fassade außen jeweils durch Pfeiler mit etwas niedrigeren Türmchen und Kuppeln begrenzt. Über dem Eingangsportal ist ein Drillingsfenster in Rudnbogenform eingelassen, darüber, unter einem Blendbogen, eine Fensterrose mit dem Davidstern. Rechts und links vom Portal befinden sich Zwillingsfenster, die sich im ersten Stock wiederholen und dort ebenfalls mit Blendbogen und hier mit kleinen Fensterrosen versehen sind. In der Mitte unterhalb der Balustrade ist die Inschrift „Kommet, daß wir uns beugen vor dem Ewigen“ (Ps 95,6) in hebräischer Sprache zu lesen. Horizontal ist die Fassade durch dunklere Mauerstreifen und einen Plattenfries gegliedert, der auf weniger als halber Höhe verlaufend dem Gebäude eine gewisse Schwere verlieh. Nach der Renovierung dominierten die vertikalen Elemente: die unteren und oberen Fenster wurden durch einen hohen rundbogigen Rahmen zusammengefaßt, ebenso der Mittelteil mit Portal und Drillingsfenster; der Rundbogen über demselben war durch einen Treppengiebel ersetzt worden. Die Pfeiler waren kanneliert und die Türmchen ihres Zierats weitgehend entledigt. Statt des Rundbogenfrieses unter dem Abschluß der Fassade verlief nun darüber ein gezacktes Band.
DNinnenEin Foto während eines Gottesdienstes zeigt die üppige Bemalung der Wände mit stilisierten Pflanzenmotiven und hebräischen Inschriften sowie die Sitzordnung mit den Frauen auf der rechten und den Männern auf der linken Seite des Hauptraumes. Die Synagoge verfügte anfangs über ein Harmonium, später über eine Orgel. […]

Feuer an Dein Heligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938 Nordrhein-Westfalen, Bochum 1999, S. 126-128

Um 1500 wird eine judenschoele erwähnt, in den vor 1600 angelegten Weistümern der Stadt Düren ist von einer Juddenschol auf dem Vehmarkt die Rede. Ein Lehr- und Betraum befand sich im 17. und 18. Jahrhundert in einem Haus in der Kölnstraße, das damals mit der Nummer 24 bezeichnet war. Vielleicht meinte der Krefelder Oberrabbiner Dr. Bodenheimer diese Räumlichkeit, als er in einem Schreiben an die Regierung in Aachen vom 12. Mai 1853 bemerkte, daß in der Kreishauptstadt Düren nur ein „unansehnliches Betzimmer“ vorhanden sei, „das kaum die israelitischen EinWohner Düren’s aufzunehmen vermag.“
Der Neubau einer Synagoge in der Schützenstraße 20 gestaltete sich ausgesprochen schwierig: „Selten wohl forderte die Nothwendigkeit gebieterischer und unabweisbarer eine Gemeinde zum Baue einer neuen Synagoge auf, selten aber auch hatte eine Gemeinde gegen unüberwindlich scheinende Hindernisse härter zu ringen, um zum endlichen Ziel zu gelangen, als die unsrige.“ Als im Dezember 1868 gerade die Umfassungsmauern hochgezogen waren, tobte in weiten Landstrichen Europas ein Orkan, der in Düren auch die Fassade und eine Seitenmauer des Synagogenneubaus in einen Schutthaufen verwandelte. Kurz darauf erfolgte der Bankrott des Bauunternehmers und auch der deutsch-französische Krieg von 1870/71 wirkte sich hemmend auf die Bauarbeiten aus. Zudem konnte die finanzielle Lage der Synagogengemeinde als katastrophal bezeichnet werden. Offenbar hat die gesamte Dürener Bevölkerung sowie die Obrigkeit einen Beitrag zur Vollendung der Synagoge geleistet. Die christlichen Mitbürger überreichten Geschenke und zeichneten Aktien, die Kaiserin stellte zwei Geschenke als Gewinngegenstände zur Verfügung, die den Ertrag einer Verlosung in „eine nicht geahnte Höhe“ trieben. […, siehe hierzu weiter: Allgemeine Zeitung des Judenthums, Jg. 36, 1872, Nr. 43 v. 22.10.1872, S. 851-852]
Die neue Synagoge war ein trutzig wirkendes, massives Backsteingebäude auf rechteckigem Grundriß. Das im neo-islamischen Stil errichtete Bauwerk besaß im rückwärtigen Bereich einen apsisähnlichen Anbau. Die Schaufassade sowie die rechte Seitenfassade, hinter der sich bis 1920/21 die Frauen-Empore befand, deuteten Zweigeschossigkeit an. Die reich gegliederte Vorderfront war in drei Achsen ausgeführt. Die über die seitlichen Teile hinausragende Mittelachse besaß einen starken Akzent durch die polygonalen Strebepfeiler, welche zu überreich verzierten, mit kleinen Kuppeln versehenen Türmen aufragten. Gegliedert wurde das Mittelfeld durch eine rundbogige Eingangstür, darüber ein dreiteiliges Fenster, dessen Rundbögen in kleinen Konsolen endeten, sowie im darüberliegenden Bogen ein Rundfenster mit Davidstern. Ein weiteres Schmuckelement, das das Gebäude sogleich als jüdischen Sakralbau auswies, war der über dem Portal angebrachte Spruch in hebräischen Lettern: „Kommt, beugen wir uns vor Gott.“ Die Fassade wurde begrenzt von rechteckigen Pfeilern, die in polygonale Turmaufsätze übergingen, auf denen wiederum Kuppeln saßen. Rechts und links des Mittelfeldes waren im Ober- und Untergeschoß je eine Doppelarkade als Fensteröffnung. Die Fassade erfuhr eine horizontale Gliederung durch schmale Streifen dunkler gebrannter Ziegelsteine, einen Plattenfries, der sich über die gesamte Frontseite verkröpfte, und durch einen mit Gesimsen, Rundbogenfries und Ornamentbändern geschmückten Dachaufsatz.
An den Seitenfassaden war eine Blendgliederung mit Pilastern und Rundbogenfries zu erkennen; zwischen den Pilastern saßen auf der linken Seite hohe, durch beide Geschosse laufende Rundbogenfenster, auf der rechten Seite kleinere Rundbogenfenster im Ober- und Untergeschoß.
1920/21 entschloß sich die jüdische Gemeinde zu einer Umgestaltung der Fassade und der Inneneinrichtung unter Einschluß der Installation einer elektrischen Beleuchtungsanlage. Bei der Gelegenheit wurde auch das Schulgebäude renoviert. Finanziert wurden die Baumaßnahmen durch die Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 200.000 Mark; laut Tilgungsplan wäre das Darlehen im Jahre 1942 zurückgezahlt worden. Die Fassade wurde verputzt, die Turmaufsätze präsentierten sich nun in purifizierter Form. Die neuen Architekturteile im Portalbereich und die Dachbekrönung mit Zacken, die den Dachaufsatz mit Rundbogenfries ersetzte, ergaben eine Verstärkung der orientalisierenden Stilelemente. Die neue Ausmalung des Innenraums, die sicher starke Farben nicht scheute, folgte expressionistischen Stilvorgaben. Es existieren zwei Photos, die das Innere des Gotteshauses offenbar nach der Renovierung zeigen. Demnach gab es in Düren keine Frauenempore. Männer und Frauen nahmen im Gottesdienstraum auf Bänken Platz, die nur durch einen Mittelgang voneinander getrennt waren. In der Synagoge wurde ein Gedenkstein für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs aufgestellt.

Elfie Pracht, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil I: Regierungsbezirk Köln, Köln 1997, S. 89ff.

1500

Erwähnung der „Juedenschole“ (Synagoge), wohl identisch mit dem 1634 als solche bezeugten, aber nicht mehr benutzten Haus auf der Südseite der Kölnstraße, und des „Juedenkirchhoff“ (Begräbnisplatz) an der Arnoldsweiler Straße.

Schoop, Quellen, S. 409, 413, 423; Stadtplan von 1634, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 36

1826

Der Kreis war politisch in 27 Bürgermeistereien, kirchlich in 3 Dekanate mit 49 Pfarreien und 40 Kapellen eingeteilt; außerdem gab es 1 evangelische Superintendentur mit 2 Mutterkirchen und 6 Synagogen.
Bei der endgültigen Übernahme der Rheinlande durch die preußischen Verwaltungsbehörden zählte der Kreis Düren 37186 Einwohner, welche Zahl in den ersten zehn Jahren der preußischen Herrschaft auf 44276 stieg. Unter diesen waren 43239 Katholiken, 559 Evangelische, 1 Mennonit und 477 Juden.

Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, 3. Jahrgang 1926, Nr. 18 v. 18. Juni 1926, S. 139/140    

1828

Eine Synagoge besteht an unbekannter Stelle.

Rheinischer Städteatlas, Düren, S. 12, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 84

1835

Die jüdische Schule

In den Uralten Weisthümern lesen wir, daß „eine Juddenscholen uf dem Vehmarkt“ war; ob dieses nun die Synagoge, ihr Bethaus oder eine gesonderte Schule gewesen, läßt sich nicht ermitteln. Im 17. Jahrhundert befand sich die jüdische Schule und Kirche in der Kölnstraße in dem Hause, früher mit No. 24 bezeichnet, welches der Herr Bürgermeister Dr. Günther mit seinem Hause durch einen Neubau verbunden hat. Im Jahre 1727 war Abraham Levy Lehrer der Judenschule welcher, weil er katholisch ward, in demselben Jahre abdankte. Gegenwärtig haben die Juden hier keine eigene öffentliche Schule, und besuchen deren Kinder die städtischen Elementarschulen, wofern die Eltern es nicht vorziehen, sie selbst zu unterrichten.

Bonn, Rumpel, Fischbach, Materialien zur Geschichte Dürens und seiner Umgebung, Düren 1835

1837

In einem Bericht des damaligen Landrats von Egidy, veröffentlicht im „Stadt Dürener Anzeige- und Unterhaltungsblatt“, heißt es:
Düren, 15. Mai 1838
Die Bevölkerung [des Kreises] zerfällt in 47056 Katholiken, 787 Evangelische[n], 535 Juden, 1 Menonit [im Jahre 1837]. […] Der Kreis zählt […] 7 jüd. Betstuben

Heimatblätter. Beilage zur Dürener Zeitung, 13. Jahrgang, Nummer 11, Donnerstag, 28. Mai 1936

1841

Düren […] hat […] 2 katholische Pfarr- und 3 Klosterkirchen, […] 2 evangelische Kirchen und 1 Synagoge.

Malerische Beschreibung der Eisenbahn zwischen Köln und Aachen und der von ihr durchschnittenen Gegend […], Köln 1841, S. 36

1844

01.08.1844

Nach einem mißlungenen Attentat auf König Friedrich Wilhelm IV. Dankgottesdienste in den Kirchen und der Synagoge und Glückwunschadressen der Bürgerschaft an den König.

Dürener Anzeiger 1844 Aug. 7, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 93

1847

23.07.1847

Nach dem Gesetz vom 23. Juli 1847, durch welches die Napoleonischen Dekrete von 1808 und 1810 abgelöst wurden, wurden im Regierungsbezirk [Aachen] die Juden in fünf Synagogengemeinden eingeteilt: Aachen, Düren, Jülich, Geilenkirchen-Heinsberg-Erkelenz und Gemünd, die die Landkreise Schleiden und Malmedy umfaßte und seit 1869 die Bezeichnung Synagogengemeinde Schleiden-Malmedy führte.

Weber, Hans: Die jüdische Bevölkerung im Regierungsbezirk Aachen, in: 150 Jahre Regierung und Regierungsbezirk Aachen. Beiträge zu ihrer Geschichte, Aachen 1967, S. 128

1872

24.05.1872

Einweihung des 1868 begonnenen Synagogenneubaus mit einer nicht der städtischen Verwaltung unterstehenden Elementarschule an der Schützenstraße.

Dürener Anzeiger 1868 Nr. 22, 99; 1871 Nr. 50; 1872 Nr. 42, 45; STAD, VW 1871, S. 29, in: Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 122

[Gedicht]

Zur Synagogenweihe in Düren am 16/17 Ijar 5632 (Abschrift im Archiv)

Dürener Anzeiger und Unterhaltungsblatt 42/55 v. 25.5.1872

24.-26.05.1872

Nachdem [!] die Zahl der Juden in Düren von 78 im Jahre 1870 auf 161 im Jahre 1875 und sogar auf 252 im Jahre 1882 gestiegen war, errichtete die jüdische Gemeinde eine Synagoge, die bereits 1871 in der Schützenstraße im Bau war und vom 24. bis 26.5.1872 feierlich eröffnet wurde.

Geuenich, Straßennamen, S. 59

24.-26.05.1872

Düren, 8. Oct. (Privatm.) Ein Beispiel seltenen Edelsinnes verdient durch die Vermittelung Ihres vielgelesenen Blattes in weiteren Kreisen Verbreitung zu finden als Sporn zur Nachahmung.
Selten wohl forderte die Nothwendigkeit gebieterischer und unabweisbarer eine Gemeinde zum Baue einer neuen Synagoge auf, selten aber auch hatte eine Gemeinde gegen unüberwindlich scheinende Hindernisse härter zu ringen, um zum endlichen Ziele zu gelangen, als die unserige. Von den vielen Mißgeschicken sei nur das Unglück erwähnt, welches uns nach Fertigstellung der Umfassungsmauern traf, als der vor einigen Jahren durch einen großen Theil Europa’s wüthende Orkan die Front- und eine Seitenmauer in einen Schutthaufen verwandelte, das kurz nachher erfolgende Falliment des Bauunternehmers, welches erst vor Kurzem zum Abschluß gelangte, die Hemmung, welche der letzte Krieg dem endlich der Vollendung nahen Bau entgegenstellte, dazu die beschränkte Leistungsfähigkeit der Gemeinde. Die edelmüthige Bestimmung unserer christlichen Mitbürger, welche theils in Form von Geschenken, theils von Actienzeichnung unsere Sache förderten, sodann eine Verloosung, deren Ertrag durch die Huld Ihrer Majestät unserer Kaiserin, welche zwei Geschenke als Gewinngegenstände übersendete, eine nicht geahnte Höhe erreichte, trugen im Vereine mit der Opferwilligkeit der Gemeindemitglieder dazu bei, einen in seiner Einfachheit erhabenen, der Stadt zur Zierde gereichenden Tempel zu vollenden, dessen herrliche Fronte und innere Ausstattung wir dem Geschmacke und dem Genie unseres Landsmannes, des bei dem Baue der neuen Kliniken in Bonn thätigen Baumeisters Herrn Roland Brauweiler verdanken. – Die in diesem Frühjahre von dem würdigen und beredten Rabbiner Herrn Dr. Wolfssohn aus Aachen vollzogene Einweihung gestaltete sich durch die Mitwirkung des bewährten aachener Synagogenchors, welcher bei ausgezeichneten Stimmmitteln unter der Leitung seines unermüdlichen Dirigenten, Herrn Dr. R. Marx, es zu wahrer Meisterschaft künstlerischer Leistung gebracht hat, zu einem nicht nur für die Angehörigen der Gemeinde, sondern auch für die zum Theil durch die Genüsse der cölner Gesellschaftsconcerte und der rheinischen Musikfeste verwöhnten Gäste zu einer unvergeßlichen Feier: so sehr fühlten sich Alle durch die ergreifende Wirkung der Choräle der Alltäglichkeit entrückt und zur Andacht erhoben.
Doch was frommt ein schönes neues Gotteshaus, eine noch so erhebende Einweihungsfeier, wenn, wie Dies leider meist der Fall ist, bei dem ohne Wirkung auf das Gemüth der heutigen Generation ganz und gar in der alten Form celebrirten Gottesdienste der Eindruck einer Feier nur zu bald sich mehr und mehr schwächt und die alte Unordnung Platz greift? Dann ist der Contrast eines schönen Gotteshauses mit dem unschönen Gottesdienste um so greller.
Was nun unsere Gemeinde betrifft, so zeigte sich die, die Gemüther tief rührende Wirkung der bei der Einweihung unter Begleitung des Harmoniums von dem gemischten Chore vorgetragenen hebräischen Gebete und deutschen Psalmen als eine so nachhaltige, daß Verbesserungen des Gottesdienstes von einer Seite herbeigewünscht wurden, von welcher es am Wenigsten zu erwarten war. Eher als man es zu hoffen wagte, erfüllte sich der in einem Trinkspruche ausgesprochene Wunsch, daß an Stelle der nur für die Einweihungsfeier hergerichteten Chortribüne einst eine definitive erstehen möge. Ein von seltenem Charakteradel beseelter Mann, der schon erwähnte Dirigent des Synagogenchores zu Aachen, Herr D. R. Marx, erbot sich, unserer Gemeinde unter der Bedingung, daß dieselbe die Bildung eines Chores beschließe, ein Harmonium zum Geschenke zu machen, und mit freudigem Danke gingen Vorstand und Repräsentanten diese Bedingung ein. Alsbald bildete sich ein jetzt aus 27 Damen und Herren bestehender Chor und übte fleißig die Gesänge ein, durch welche fernerhin der Gottesdienst eine würdigere Gestalt annehmen sollte. Vor etwa einem Monat langte dann aus der Fabrik zu Stuttgart das wahrhaft fürstliche Geschenk eines neuen Harmoniums von mächtiger Tonfülle an, und nachdem an dem hohen Neujahrsfeste zum ersten Male seine Harmonien sich mit den Gesängen des jungen Chores vereinten, finden wir, mirabile dictu, da wo sich am meisten Abneigung hätte befürchten lassen, Theilnahme, ja Begeisterung.
Um die Hochherzigkeit des Gebers recht zu würdigen, muß hervorgehoben werden, daß Herr Marx keineswegs in irgendwelcher Beziehung zur hiesigen Gemeinde oder zu Mitgliedern derselben steht; er kannte vor der Synagogeneinweihung kaum Einen derselben. Seine That erfließt nur dem edlen Streben, das Judenthum in seinen Bekennern und in der Achtung der außer ihm Stehenden zu heben.
Möge der Allmächtige ihn und sein Haus segnen!

Allgemeine Zeitung des Judenthums, Jg. 36, 1872, Nr. 43 v. 22.10.1872, S. 851-852

1897

Pfingsten
O. Düren, 18. Juni. Die hiesige Synagogengemeinde feierte an den vergangenen Pfingsttagen das fünfundzwanzigjährige Bestehen der Synagoge. Verbunden hiermit wurde die Feier der Konfirmation und die Einweihung einer neuen Thora (Gesetzesrollen). Zu dem Feste, an welchem die Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden sowie viele Angehörige der christlichen Gemeinden theilnahmen, hatten sich die Freunde und Verwandten der israelitischen Familien in großer Zahl eingefunden. – […]

Allgemeine Zeitung des Judenthums, Jg. 61, 1897, Nr. 26 v. 25.06.1897, S. 2-3

1914-1918

[mögliche] Jüdische Gefallene aus der Stadt Düren
Meyer, Gustav, Port.-Fähnrich 19. 9. 1914
Bender, Karl  20.12. 1914
Isacson, Siegfried, Kaufmann 4. 5. 1915
Schweitzer, Norbert, Kaufmann 29. 5. 1915
Schweitzer, Salomon, Kaufmann 25. 9. 1915
Daniels, Fritz, stud. phil. 11.10. 1915
Cohnen, Viktor Friedrich Wilh., Fabrikarbeiter  14. 1. 1916
Herrmann, Oskar, Konditorgeh. 31. 7. 1916
Mayer, Leopold Leser, Gesch.-Geh.  7. 9. 1916
Leiser, Richard 14. 9. 1916
Heumann, Salomon, Schlosser  1. 4. 1917
Meyer, Franz Ant. Nik., Friseur 16. 5. 1917
Berg, Matth. Jos. Maria, Kaufmann 31. 7. 1917
Mayer, Johann, Seiler 29. 5. 1918
Schwarz, Josef, Kraftwagenführ. 28. 6. 1918
Berg, Benno, Kaufmann  3. 8. 1918
Meyer, Joh. Karl, Handl.-Geh.  6.10. 1918

Laut Gedenktafel an der Synagoge gab es insgesamt 10 „Heldensöhne“ aus der hiesigen Synagogengemeinde.

Verwaltungsbericht der Stadt Düren 1921-1925, Düren 1926; Müller, Regina

1921-26

Kirchen- und Religionsangelegenheiten
c) Synagogengemeinde
Die Synagogengemeinde zählt ca. 400 Seelen. Sie wird von dem Vorstande, bestehend aus 3 Mitgliedern und 12 Repräsentanten, verwaltet. Der Männerverein, der 75 Mitglieder umfaßt, und der Frauenverein mit 100 Mitgliedern steuern der Not, die weite Kreise der Gemeinde erfaßt hat. Im Jahre 1922 wurde die Synagoge dank der Opferwilligkeit der Gemeindemitglieder innen und außen renoviert, so daß dieselbe zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gezählt werden darf. Auf der einfachen Gedenktafel sind die 10 Heldensöhne aus der hiesigen Synagogengemeinde zum heiligen Gedächtnis verzeichnet. Der einzige Lehrer und Kultusbeamte Oppenheim kann in diesem Jahr sein 25jähriges Ortsjubiläum feiern.
Für die Belebung des geistigen Lebens und für die bessere Würdigung des Judentums sorgen der Jüdische Jugendverein mit über 100 Mitgliedern und der „Zentralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ mit 60 Mitgliedern.

Bericht über den Stand und die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Düren vom 1. April 1921 bis 31. März 1926, Düren 1926, S. 105ff.; S. 135

1931

05.10.1931

Nächtlicher Brand
Lüxheim, 4. Okt. Verflossene Nacht weckte ein hellauflodernder Brand die Bewohner des Oberdorfes. Das Feuer hatte bereits die mit Heu, Stroh und Holz gefüllte Scheune der Geschwister Schwarz in Schutt und Asche gelegt. 15 Hühner kamen in den Flammen um. Nachbarliche Hilfe rettete das bedrohte Wohnhaus und schützte die dicht an am Brand liegende Synagoge vor dem Feuer. Immerhin bietet der Vorfall Grund genug, bei aller Sparsamkeit in der Gemeindeverwaltung dennoch eine Nachtwache einzurichten gegen Brandgefahr und Diebe – wenigstens für die Wintermonate.

Zeitungsbericht unbekannter Provenienz, Slg. Kaiser

1936

Israelitische Gemeinde.
Synagoge: Schützenstraße 20
Gottesdienst: Samstags morgens um 9 Uhr.
Vorsitzender des Synagogenvorstandes: Hermann Löwenstein.
Lehrer und Prediger: Oppenheim.
Rendant: M. Oppenheim.
Synagogendiener: Louis Holländer.

Adreßbuch der Stadt Düren 1936/37

1938

[zur Zerstörung der Synagoge siehe Reichspogromnacht]

DNzerst10.11.1938

Im ganzen Reich organisierte Ausschreitungen gegen die Juden („Reichskristallnacht“). In Düren werden Läden zerstört und geplündert, die Synagoge in Brand gesetzt und 26 Männer in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen deportiert.

Domsta, Hans J. (Hg.), Die „Reichskristallnacht“ in Düren. Tagebuchaufzeichnungen eines Augenzeugen [Lambert Derichs], in: DGBll. 74, 1985, S. 61-70; Repgen, Konrad, Ein belgischer Augenzeuge der Judenpogrome im November 1938 in Köln, in: Festgabe Heinz Hürten zum 60. Geburtstag, hrgg. von Harald Dickerhoff, Frankfurt am Main 1988, S. 409; Naor/Robrock, S. 65; Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 205

10.11.1938

Dann kam jene Nacht des Erschreckens, die viel besser als unsere aufdringlichen Lieder die Erwachsenen aus ihren schwarz-weiß-roten Träumen hätte aufwecken müssen. Die Nacht vom 9. zum 10. November 1938, die als Reichskristallnacht in die Geschichte eingegangen ist, war ein erstes Alarmsignal und wurde dennoch wieder allzu schnell und leichtfertig vergessen.
[…] Unser Lehrer hatte große Mühe, uns die Notwendigkeit dieser Aktion verständlich zu machen. Dabei verschwieg er uns wohlweislich seine wahren Einsichten und Ansichten, denn als Mitglied der Partei hatte er ja alles gutzuheißen, was geschah. Mit keinem Wort erwähnte er die Niederbrennung der jüdischen Synagoge. Wir Kinder erfuhren erst nach der Schule davon und gingen natürlich hin, um uns auch das noch anzusehen. Längst war das Innere der Synagoge ausgebrannt, das Dach zusammengestürzt, und nur noch schwacher Feuerschein drang durch die leeren Fensterhöhlen nach außen. Allein die verrusten Außenmauern waren übrig geblieben. Später wurden auch sie abgerissen, und übrig blieb ein leerer öder Platz.

Mainz, Alexander: Ein bürgerliches Leben, Erzählung, Aachen 1979, S. 124-125.

26.11.1938

Abschrift des Kaufvertrages über das Synagogengrundstück zu Düren zwischen Hermann Löwenstein und Eduard Schnitzler als Vertreter der Synagogengemeinde zu Düren vor dem zur Beurkundung von Verträgen bestimmten Beamten Vermessungsrat Julius [Nachname unleserlich gemacht]

Kopie im Archiv der GW

02.12.1938

Sitzung des Finanz- und Verfassungsbeirats, 2. Dezember 1938
9. Grundstücksangelegenheiten
a) Ankauf des Synagogengrundstückes
Entschließungsentwurf: „Die Stadtgemeinde Düren erwirbt von der Synagogengemeinde Düren nachgenannte an der Schützenstraße gelegene Grundstücke:
Grundbuch von Düren Band 75 Blatt 1207
Flur 34 Nr. 767/13 groß 19,90 ar Hofraum
Flur 34 Nr. 483/13 groß 0,40 ar Wegefläche.
Der Kaufpreis beträgt 30.000 RM abzüglich 3.000 RM für Niederlegung und Entfernung der noch vorhandenen Gebäudereste, mithin 27.000 RM. Der Kaufpreis ist zahlbar nach Umschreibung. Die Notar- und Grundbuchkosten und die Grunderwerbssteuern gehen zu Lasten der Stadt.“
Der Vorsitzende erklärte, daß befürchtet werden müsse, daß das Grundstück wegen seiner bevorzugten Lage bald in andere Hände übergehen und für Zwecke genutzt werde, die dem Bebauungsplan der Stadt entgegenstünden. Außerdem habe die Stadt, da der hintere Teil des Grundstückes an den Anna-Peltzer-Garten angrenze, ein besonderes Interesse an dem Erwerb. Das Mittelstück könne vielleicht an die Anlieger der Marienstraße abgegeben werden. Der vordere Teil bleibe Baugelände.
Einwendungen wurden nicht erhoben.

19.12.1938

Tagung der Ratsherren, 19. Dezember 1938
B) Nichtöffentliche Sitzung
c) Grundstücksangelegenheiten
[…]
2. Ankauf des Synagogengrundstücks
Der Erwerb des Synagogengrundstückes durch die Stadt ist zu empfehlen, um eine einwandfreie Bebauung an der Schützenstraße durchführen zu können und zur Ergänzung des Anna-Peltzer-Parkes. Der Kaufpreis ist angemessen, der Einheitswert des Grundstücks ohne Gebäude beträgt RM 30.249,—
Entschließungsentwurf:
Die Stadtgemeinde Düren erwirbt von der Synagogengemeinde Düren nachgenannte an der Schützenstraße gelegene Grundstücke:
Grundbuch von Düren Band 75 Blatt 1207
Flur 34 Nr. 767/13 gross 19.90 ar Hofraum
Flur 34 Nr. 483/13 gross 0.40 ar Wegefläche
Der Kaufpreis beträgt RM 30.000,— abzüglich RM 3.000,— für Niederlegung und Entfernung der noch vorhandenen Gebäudeteile, mithin RM 27.000,— Der Kaufpreis ist zahlbar nach Umschreibung. Die Notar- und Grundbuchkosten und die Grunderwerbsteuer gehen zu Lasten der Stadt.
Ratsherr Mumm richtete an den Vorsitzenden die Bitte, das Grundstück der früheren Synagoge nicht als Bauplatz, sondern als Parkplatz zu verwenden. Es sei notwendig, daß für den Marktplatz ein Parkverbot erlassen würde, da die Geschäftsleute durch das Parken der Autos stark geschädigt würden. Auch müsse daran gedacht werden, für die Wirtelstraße ein Parkverbot zu erlassen. […] Der Vorsitzende stimmte […] Mumm zu und teilte mit, daß das Stadtbauamt zur Zeit mit der Ausarbeitung eines Planes für Parkplätze beschäftigt sei.
Bedenken wurden von den Ratsherren nicht erhoben.
[…]

1939

22.05.1939

Tagung der Ratsherren, 22. Mai 1939
Nichtöffentlich
3. Grundstücksangelegenheiten
e) Verkauf einer Gartenfläche
„Da die 7 Hausgrundstücke an der Marienstraße nur eine Gartentiefe von 6-8 m Tiefe haben, ist die Stadt bereit, den Eigentümern aus dem früheren Synagogengrundstück einen Streifen von rd. 8 m Tiefe zu verkaufen […]“

02.07.1939

Tagung der Ratsherren, 2. Juli 1939
Nichtöffentlich
7. Grundstücksangelegenheiten
f-k) Verkauf einer Gartenfläche (aus dem ehemaligen Synagogengrundstück)

1954

20.07./28.03.1955

Vergleich der Stadt mit der Jewish Trust Corporation in der Rückerstattungssache des von der Stadt 1938 erworbenen Synagogengeländes an der Schützenstraße.

Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 258; StAD: HuFP 1954, S. 181; RP 1055, S. 307

1978

09.11.1978

Reichskristallnacht vor 40 Jahren erschütterte Deutschland:
Als in Düren die Synagoge brannte
1938 zählte Düren 295 Juden – Über 100 kamen in Vernichtungslagern um – Erinnerung an Schreckensstunden

Von Baltar M. Schmitz

Dürener Zeitung, 9. November 1978 (3 Fotos)

11.11.1978

Gegen Antisemitismus hilft nur Aufklärung
Vortrag über die Geschichte der Juden in Düren – Gedenktafel soll an die Synagoge erinnern

[Rolf Dörr]

Dürener Zeitung, Samstag, 11. November 1978 (1 Foto)

11.11.1978

Mit teuflischer Brutalität gingen sie vor
Alter Dürener berichtet über Vernichtung der Synagoge – „Ich komme och drahn“ – Mehr als eine Ehrenpflicht

Von Baltar M. Schmitz

Dürener Zeitung, Samstag, 11. November 1978

1981

14.08.1981

Gedenkstein für die Dürener Synagoge

Dürener Nachrichten, 14. August 1981 (1 Foto),

17.08.1981

Erinnerung an Dürens Synagoge

Dürener Zeitung, 17. August 1981 (1 Foto),

14.09.1981

In der Schützenstraße wird eine Gedenkplatte enthüllt, die an die 1938 in der Nähe während der sog. „Reichskristallnacht“ niedergebrannte Synagoge erinnert.

Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 307

17.09.1981

Lebendiges Gewissen der Stadt

Gedenkstein in der Schützenstraße erinnert an die frühere jüdische Synagoge in Düren

DLA, 17. September 1981 (2 Fotos),

1988

16.08.-03.09.1988

16.8.88: Besucher lassen vergessene Schicksale lebendig werden
Besuch aus fünf Erdteilen – Eine lange Geschichte der Juden in Düren, voll von Verfolgung

17.8.88: Ein erklärtes Ziel ist auch der Dialog mit der Jugend
Eine Begegnung der Generationen nach 50 Jahren – 1843 gab es 580 Juden im Kreis (2. Folge)
[Korr. z. 16.8.] Otto Schnitzler lebt in Israel

19.8.88: Vom Schiff aus ein letzter Blick in die Vergangenheit
Ruth Loewy erinnert sich an ihre Dürener Schulzeit – Die Kinder riefen „Jude“ (3. Folge)

22.8.88: Die Synagoge brannte – Ein Fanal der Zerstörungswut
Gerstenmühle war das Sammellager vor der Deportation – Juden in Stadt und Kreis, 4. Folge

23.8.88: Die Gerstenmühle hat eine wechselvolle Geschichte
Ein Trauma der NS-Zeit in Düren – Streit mit Nachbarn wegen der Wasserrechte, 5. Folge

25.8.88: Ein begütertes Leben, aber Verfolgung und Drangsal
Die Dürener Juden pflegten internationale Beziehungen – Bedeutender Gelehrter, 6. Folge

2.9.88: Staat und Zünfte schränkten Rechte der Juden ein
Von den Behörden über Jahrhunderte reglementiert – Der Streit der Schlächter, 7. Folge

3.9.88: Schmerzliche Erinnerung an die Stadt
Eine Schule der Juden gab es schon vor dem Jahr 1600, 8. Folge und Schluß

Von Baltar M. Schmitz

Dürener Zeitung, Serie zu den angegebenen Daten (zahlr. Fotos),

1994

01.12.1994

Leserbrief
„Unter den Brandstiftern einen SA-Mann erkannt“
Düren. Zum Bericht „Feuerwehr setzte Synagoge in Brand“ in der Ausgabe vom 10. November schreibt ergänzend Josef Ramacher aus Düren, Kreuzauer Straße 59:

Dürener Nachrichten, 1. Dezember 1994