31.03.1950
[Kreis Jülich]
XVI. Amt für Wiedergutmachung
1. Betreuung der politisch Geschädigten
Es wurden bisher insgesamt 244 Anträge auf Anerkennung als politisch Geschädigte gestellt. Hiervon sind durch den Kreissonderhilfsausschuß zunächst 87 Fälle anerkannt worden. Durch Tod und auf Grund einer angeordneten Überprüfung schieden 13 Geschädigte aus, so daß noch 74 anerkannte politisch Verfolgte zu betreuen sind. Hierzu kommen noch 170 nicht anerkannte Geschädigte, die anordnungsgemäß ebenfalls in gewissem Umfange betreut werden müssen. […]
2. Bearbeitung der Wiedergutmachungsansprüche
Da das einheitliche Wiedergutmachungsgesetz, zu dem die Vorarbeiten abgeschlossen sind, noch nicht verabschiedet wurde, sind bisher folgende vorläufige Maßnahmen der materiellen Wiedergutmachung für die Opfer der Naziherrschaft angeordnet und durchgeführt worden:
a) Für 42 anerkannte politisch Geschädigte sind Anträge auf Gewährung von Haftentschädigung gestellt worden. Die Antragsteller wiesen eine Gesamthaftzeit von 990 Monaten nach; die Entschädigung beträgt 150,- DM je Monat Haftzeit. Haftzeiten unter 6 Monaten finden keine Berücksichtigung. Über 39 Anträge ist bereits rechtskräftig entschieden worden. Die Hälfte der festgesetzten Entschädigungssummen wurde bisher ausgezahlt.
b) Auf Grund des Gesetzes über die Gewährung von Unfall- und Hinterbliebenenrente an die Opfer der Naziunterdrückung sind 35 Rentenanträge von politisch Geschädigten gestellt worden, und zwar:
26 Anträge auf Beschädigtenrente
6 Anträge auf Hinterbliebenenrente
3 Anträge auf Waisenrente.
Über die Hälfte dieser Anträge liegt bereits ein Bewilligungsbescheid vor.
c) Von 23 politisch Geschädigten wurden Ansprüche auf Grund des Gesetzes über die Behandlung der Verfolgten des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung geltend gemacht. Hiernach gelten Haftzeiten, erzwungene Arbeitslosigkeit und Auslandsaufenthalt als Ersatzzeiten für Wartezeit und Anwartschaft. Die Verfahren wurden größtenteils erfolgreich abgeschlossen.
d) Auf Grund des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung gingen bisher 169 Meldungen über ehemals jüdische Vermögen ein, die bearbeitet und nach Eintragung eines Sperrvermerks im Grundbuch dem Zentralamt für Vermögensverwaltung in Bad Nenndorf vorgelegt wurden.
Jahresbericht der Kreisverwaltung Jülich 1949/50 [=Verwaltungsbericht des Kreises Jülich für die Zeit vom 1.4.1949 bis 31.3.1950], S. 20
05.06.1950
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
9. Verschiedenes
[…]
h) Errichtung einer Autowache auf dem alten Friedhof der jüdischen Gemeinde in der Arnoldsweilerstraße
Stadtkämmerer Dr. Hofacker trug vor, daß […] das Grundstück zu diesem Zwecke pachten wolle. Der Antrag […] sei damals abgelehnt worden. Der Vertrag müsse unter Mitzeichnung der jüdischen Gemeinde abgeschlossen werden, da diese vielleicht in Zukunft Ansprüche auf Rückgabe des Grundstückes erheben könne. Herr Goldschmidt sei einverstanden.
Der Ausschuß erhob keine Bedenken.
Exzerpte F.G.
17.08.1950
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
1. Protokollgenehmigung und Mitteilungen
[…]
b) Mitteilungen
[…]
Instandsetzung jüdischer Friedhof
Nach Ausführungen zu der Verwaltungsvorlage durch […] Hofacker erklärte der Oberstadtdirektor, daß die wenigen Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Düren nicht in der Lage seien, die Kosten für den Wiederaufbau der Friedhofsmauer zu tragen. Er schlage die Kostenübernahme auf die Stadt vor unter der Bedingung, daß es sich um eine einmalige Hilfe handele und die künftige Instandhaltung des Friedhofs Angelegenheit der jüdischen Gemeinde sei.
Stadtvertreter Dr. Alm [CDU] erklärte, daß ihm bekannt sei, daß auswärtige Juden Dürener Herkunft Geld zur Instandsetzung des Friedhofs zur Verfügung gestellt haben, trotzdem wolle er nicht gegen den Vorschlag stimmen. Es wurde einstimmig beschlossen, die Kosten in Höhe von DM 2.700 für die einmalige Instandsetzung unter der Bedingung zu übernehmen, daß alle künftigen Instandsetzungkosten von der jüdischen Gemeinde getragen werden.
Exzerpte F.G.
29.11.1950
Unumschränkter Herrscher über 12 Dörfer
Eineinhalb Jahre Gefängnis für den ehemaligen Ortsgruppenleiter von Gey – Juden und Fremdarbeiter mißhandelt
Dürener Zeitung, 29. November 1950
11.12.1950
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
2. Finanzielle Angelegenheiten
[…]
i) Rückerstattung jüdischer Vermögen
Es wurde beschlossen, den Rückerstattungsanspruch der Erben […] wegen eines Viertelanteils an dem Grundstück […] in Höhe von DM 1.400 anzuerkennen.
Exzerpte F.G.
19.02.1951
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
1. Protokollgenehmigung und Mitteilungen
[…]
b) Mitteilungen
[…]
Aufführung des Veit Harlan-Films „Unsterbliche Geliebte“
Der Oberbürgermeister gab Kenntnis von dem Schreiben der jüdischen Gemeinde Aachen, mit dem gegen die Aufführung des Veit Harlan Films in der Schauburg protestiert wird. Der von der Verwaltung unternommene Versuch, die Schauburg zur Absetzung des Films zu veranlassen sei mißlungen. Zwangsmittel könnten nicht angewandt werden.
Stadtvertreter Mallmann wies darauf hin, daß nach Pressemeldungen auch in anderen Städten gegen den Film, und zwar mit Erfolg protestiert worden sei. Hierzu wurde erklärt, daß Proteste sich in das Gegenteil umkehrten und zu einer Werbung für den Film würden. Er werde, so führte der Oberbürgermeister aus, noch einmal mit dem Geschäftsführer der Schauburg Rücksprache nehmen, damit dieser freiwillig auf die Filmaufführung verzichtet.
[…]
5. Grundstücksangelegenheiten
[…]
e) Überlassung der Pacht aus der Autowache auf dem alten städtischen Friedhof an die jüdische Gemeinde
[…]
g) Wiedergutmachungssache
Es wurde beschlossen, die Forderung in Höhe von DM 10.000, da der Preis erheblich übersetzt ist, abzulehnen und abzuwarten, wie die zuständige Wiedergutmachungsstelle entscheidet.
Exzerpte F.G.
12.03.1951
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
1. Protokollgenehmigung und Mitteilungen
[…]
b) Mitteilungen
[…]
Besucherzahl des Veit Harlan Films
Stadtkämmerer Dr. Hofacker gab im Hinblick auf die Vorgänge um den Harlan Film „Unsterbliche Geliebte“ Kenntnis von den Besucherzahlen der Vorstellungen. Der Harlan Film sei von 8914 Personen besucht worden gegenüber der Vorstellung in der Vorwoche mit 4303 [„Winchester 73“ mit James Stewart und „Der Glöckner von Notre Dame“ mit Charles Laughton] und der Woche davor mit 3301 Personen [„Sklavin des Herzens“ mit Ingrid Bergman].
Exzerpte F.G.
31.03.1951
[Kreis Jülich]
XVI. Amt für Wiedergutmachung
1. Betreuung der politisch Verfolgten
Nach wiederholter Überprüfung durch den Kreissonderhilfsausschuß sind nunmehr 79 politisch, rassisch oder religiös Verfolgte anerkannt und zu betreuen. Hinzu kommen noch 171 nicht anerkannte Geschädigte, die anordnungsgemäß in gewissem Umfange betreut werden müssen. […]
Die Richtlinien für die Anerkennung von politisch, rassisch und religiös Verfolgten, die Zonenanweisung 20/2900 der Militärregierung, wurden am 16. Dezember 1950 von der Militärregierung außer Kraft gesetzt. Bis zum Vorliegen eines deutschen Anerkennungsgesetzes können keine Anträge auf Anerkennung und Berufungen gegen getroffene Entscheidungen bearbeitet werden.
2. Bearbeitung der Wiedergutmachungsansprüche
Ein allgemeines Wiedergutmachungsgesetzist noch nicht verabschiedet; es ist aber in nächster Zeit zu erwarten. Bisher wurde folgende materielle Wiedergutmachung für anerkannt Verfolgte angeordnet und durchgeführt:
a) Auf Grund des Gesetzes über die Entschädigung für Freiheitsentziehung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen vom 11.2.1949 wurden bisher 48 Anträge auf Haftentschädigung gestellt. Davon wurden 44 Anträge genehmigt und rechtskräftig entschieden. Die festgesetzte Entschädigung beträgt je Monat Haftzeit 150,- DM. Haftzeiten unter 6 Monaten werden nicht berücksichtigt. Im Laufe des Jahres wurden die festgesetzten Entschädigungssummen voll ausgezahlt.
Der Gesamtbetrag der ausgezahlten Haftentschädigung betrug: 145.650,- DM.
b) Auf Grund des Gesetzes über die Gewährung von Unfall- und Hinterbliebenenrenten an die Opfer der Naziunterdrückung vom 3.3.1947 sind bisher 42 Anträge gestellt worden und zwar:
29 Anträge auf Beschädigtenrente
6 Anträge auf Hinterbliebenenrente
4 Anträge auf Altersrente.
3 Anträge auf Waisenrente.
Über 38 dieser Anträge liegt ein Rentenbescheid vor. Auf die Renten wurden monatliche Vorschüsse gezahlt. Zu diesem Zweck wurden von der Regierung insgesamt 26.181,30 DM zur Verfügung gestellt.
c) Die von 27 Geschädigten geltend gemachten Ansprüche auf Grund des Gesetzes über die Behandlung der Verfolgten des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung wurden erfolgreich festgesetzt. Nach diesem Gesetz gelten Haftzeiten, erzwungene Arbeitslosigkeit und Auslandsaufenthalt als Ersatzzeiten für Wartezeit und Anwartschaft.
d) Auf Grund des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an die Opfer nationalsozialistischer Unterdrückungsmaßnahmen) gingen bisher 172 Meldungen über ehemals jüdische Vermögen ein und wurden an das Zentralamt für Vermögensverwaltung in Bad Nenndorf weitergeleitet. Die Frist für die Anmeldung ist inzwischen abgelaufen. Die Regelung der Ansprüche erledigt das Wiedergutmachungsamt beim Landgericht in Aachen. Da die Berechtigten fast alle im Auslande wohnen, sind zahlreiche Rückfragen von den Berechtigten und ihren Interessenvertretungen zu beantworten.
Jahresbericht der Kreisverwaltung Jülich 1950/51 [=Verwaltungsbericht des Kreises Jülich für die Zeit vom 1.4.1950 bis 31.3.1951], S. 21
08.05.1951
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
4. Verschiedenes
[…]
h) Grundstück […] neben der Wol(l)ga
[…] Mallmann bat um Prüfung, ob die Stadt an einem Grundstück aus jüdischem Besitz, das unmittelbar neben der Wol(l)ga liegt, interessiert ist. Die Eigentümerin lebe in bescheidenen Verhältnissen und müsse das Grundstück abgeben. Das Grundstück habe einen Einheitswert von 12 bis 13.000 DM, es könne von der Verwaltung aber wahrscheinlich zu einem billigeren Betrag übernommen werden.
Exzerpte F.G.
25.05.1951
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
6. Grundstücksangelegenheiten
a) Ankauf des Hausgrundstückes Mittelstraße […] Eigentümer Frau A[…]
Es wurde beschlossen, das Hausgrundstück zum Preise von 9.705 DM zu erwerben, im Hinblick auf die hohen Kosten es jedoch nicht wiederherzustellen. Die Bewohner sollen vom Wohnungsamt anderweitig untergebracht werden.
Die Ausschußmitglieder erklärten sich gleichzeitig einverstanden, daß an die Eigentümerin, noch bevor der Eigentumsübergang möglich ist, eine Anzahlung geleistet wird, wenn die Eigentümerin ihren Rückerstattungsanspruch (ehemaliges Judenvermögen) an die Stadt abtritt.
Exzerpte F.G.
07.06.1951
gemeinsame Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses und des Bauausschusses
[…]
4. Finanzielle Angelegenheiten
[…]
c) Löschung der Sicherungshypothek Fromm
Der Ausschuß erteilte die Löschungsbewilligung für die auf dem Grundstück Otto Fromm lastende Sicherungshypothek aus dem Jahre 1924 zu Gunsten der Stadthauptkasse in Höhe von 765,66 RM da angenommen werden muß, daß die Forderung nicht mehr besteht.
Exzerpte F.G.
12.10.1951
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
2. Beurlaubung des Bauingenieurs […]
[…] Brückmann gab Kenntnis von einem Vorfall in der Wirtschaft […] bei dem ein judenfeindliches Lied durch den Bauingenieur […] gesungen worden ist. […] habe sich dabei im Dienst befunden. Er sei angetrunken gewesen und erst 2 Tage nach dem Vorfall wieder zum Dienst erschienen. Die jüdische Gemeinde habe durch ihren Vertreter Beschwerde über das Verhalten von […] geführt. Er habe […] beurlaubt und bitte, da es sich um einen schwerwiegenden Entschluß handele, zu entscheiden, was mit […] geschehen solle.
Die Ausschußmitglieder standen übereinstimmend auf dem Standpunkt, daß […] als Angestellter der Stadt untragbar ist und entlassen werden muß. Auch wenn, wie die Zeugen des Vorfalls ausgesagt haben, mit dem Lied keine judenfeindliche Tendenz verbunden gewesen sei, komme darin doch ein judenfeindlicher Geist zum Ausdruck. Auch der angetrunkene Zustand […] im Dienst und die damit zusammenhängenden Umstände müßten gemaßregelt werden. Einen Vorschlag von Stadtvertreter Koch, […] eine Frist zum Ausscheiden bis zum 31.1.1952 zu geben, wurde nicht stattgegeben, sondern die Beurlaubung aufrecht erhalten mit dem Ziel des Ausscheidens zum 15.11.1951.
Stadtvertreter Mallmann war für die sofortige Entlassung […]. Erdmann brachte zum Ausdruck, daß auch der mitbeteiligte Tiefbauunternehmer […] bestraft werden müsse. Seiner Anregung, daß […], sobald er die zur Zeit in der Ausführung begriffene Arbeit beendet hat, vorläufig von weiteren Aufträgen ausgeschlossen wird, wurde einstimmig stattgegeben.
Exzerpte F.G.
26.10.1951
Beim Bau von Versorgungsleitungen in der Arnoldsweilerstraße stoßen Tiefbauarbeiter auf Reste von Gräbern des alten jüdischen Friedhofs.
DZ 26.10.1951; Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 250
22.03.1952
[An die]
Allgemeine
Treuhand-Organisation
Hauptgeschäftsstelle
in
Hannover – Hildesheimerstr. 25
Betrifft: Amalie Capell, geb. Voss, früher Düren, Kölnstr. 74
Bezug: Ihr Schreiben vom 17.3.52. AZ. B 13231 rot.
Die Witwe Josef Capell, Amalie geborene Voss wohnte bis zum Jahre 1942 in Düren, Kölnstrasse 72. Seiner Zeit wurde sie in dem Sammellager in Düren, Oberstrasse 76 b (Gerstenmühle) untergebracht, von wo aus sie im gleichen Jahre abtransportiert wurde. Ob und wo sie heute noch lebt, ist hier unbekannt. Auch ist nicht bekannt, ob Erben vorhanden sind. Frau C. gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an, und wurde unter deutscher Staatsangehörigkeit geführt.
Nähere Angaben können nicht gemacht werden, da hier sämtliche Unterlagen durch Kriegseinwirkung verloren gingen.
Der Oberstadtdirektor
Im Auftrage
(Krings)
Stadtoberinspektor
Kopie im Archiv der GW
08.04.1952
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
2. Grundstücksangelegenheiten
[…]
t) Wiedergutmachungssache Moses F[…]
Die Ausschußmitglieder waren der Ansicht, daß an F[…] nur der gleiche Preis wie an […], deren Grundstücke z.Zt. unter den gleichen Voraussetzungen gekauft wurden, gezahlt werden kann. Die Verwaltung wurde daher beauftragt, F[…] DM 0,60 pro qm für sein Grundstück anzubieten.
Exzerpte F.G.
07.07.1952
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
[…]
3. Grundstücksangelegenheiten
[…]
c) Verkaufsangebot Gustav Q[…] auf ein Teil des Geländes der ehemaligen Fabrik Napp, Rölsdorf
Exzerpte F.G.
21.07.1952
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung
[…] Nichtöffentlicher Teil:
10. […]
Ankauf eines Geländes (frühere Napp’sche Fabrik) in Düren-Rölsdorf
Exzerpte F.G.
04.12.1954
Jüdische Gemeinde gedenkt ihrer Toten
Von 600 auf neun Mitglieder zusammengeschmolzen – Der Leidensweg der Dürener Juden
Dürener Zeitung, 4. Dezember 1954 (1 Foto),
05.12.1954
Auf dem jüdischen Friedhof an der Binsfelder Straße wird ein Denkmal für die Opfer der Judenverfolgung im Dritten Reich enthüllt.
Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 258
06.12.1954
Kritik an der Wiedergutmachung für Juden
Oberrabiner Dr. Holzer: „Ein Kalter Krieg der kalten Herzen“
Ernste Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof
Dürener Zeitung, 6. Dezember 1954
20.07./28.03.1955
Vergleich der Stadt mit der Jewish Trust Corporation in der Rückerstattungssache des von der Stadt 1938 erworbenen Synagogengeländes an der Schützenstraße.
Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 258; StAD: HuFP 1954, S. 181; RP 1055, S. 307
16.09.1955
Beschluss der Stadtverordneten über die Rückerstattung des jüdischen Friedhofs an der Binsfelder Straße und des ehemaligen jüdischen Friedhofs in der Arnoldsweilerstraße an den ehemaligen jüdischen Besitzer.
StAD, RP 1955 III, S. 13; Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 259
07.07.1956
Salli Goldschmidt, Ehrenpräsident der Jüdischen Gemeinde Aachen-Düren, der als einer der wenigen Dürener Juden die Deportation überlebt hat, stirbt im Alter von 86 Jahren.
DZ 09.07.1956; Domsta/Krebs/Krobb, Zeittafel, S. 262
Dienstag, 10.07.1956
„Salli Goldschmidt verstorben
Düren. – Im hohen Alter von 86 Jahren verstarb am Wochenende der Ehrenpräsident der Jüdischen Gemeinde Aachen-Düren, Salli Goldschmidt. Mit ihm ist einer der ältesten jüdischen Bürger der Bundesrepublik verschieden. Salli Goldschmidt lebte über 50 Jahre in Düren und erfreute sich viele Jahrzehnte der Achtung und Wertschätzung der Dürener Bürger. Dies hielt die nationalsozialistischen Machthaber aber nicht davon ab, den damals 71 Jahre alten Kaufmann und seine Ehefrau in das Konzentrationslager Theresienstadt zu verschleppen, aus dem das Ehepaar im Frühjahr 1946, an Körper und Seele gebrochen, wieder in die zerstörte Heimatstadt Düren zurückkehrte.
Salli Goldschmidt wurde 1870 in Bochum geboren. Vor 50 Jahren kam er nach Düren. Als Kaufmann erfreute er sich allgemeiner Wertschätzung und war viele Jahre Vorsitzender der „Vereinigten Kaufmannschaft“ Düren. Nach seiner Rückkehr in die Heimat bemühte sich Salli Goldschmidt besonders um die Wiedergutmachung an seinen ebenfalls vom Nationalsozialismus verfolgten Glaubensgenossen, indem er selbstlos sich bei Behörden und Gerichten namentlich für die im Ausland lebenden Juden einsetzte. Die kleine jüdische Gemeinde verliert mit ihm ihren eifrigsten Glaubensbruder, die Stadt Düren aber einen alteingesessenen Bürger, der als aufrechter Mann viele Leiden auf sich nehmen mußte, trotzdem aber nicht verzagte, sondern gegenüber allen seinen Mitbürgern immer hilfsbereit und aufgechlossen war.“
Dürener Zeitung, Dienstag, den 10. Juli 1956
06.06.1958
[Name des Absenders] Düren-Rölsdorf den 6.6.58 [Adresse]
An den Herrn Pfarrer in Rölsdorf.
Sehr geehrter Herr Pfarrer.
In dem Pfarrbrief No.14/58 lese ich folgendes.
1.) Die Rölsdorfer Juden
[…]
dazu folgendes.
1.) a. Anbei 1 Bild von der Familie Roer-(Fromm) als Bruder, der um die Jahrhunder(t)wende nach Amerika schon ausgewandert ist. Vielleicht erkenne alte Rölsdorfer Bürger diese Beiden.-
Sollten Sie Verbindung mit den Nachkommen der Familie Roer haben so bitte ich Sie diesen das Bild zukommen zu lassen.
b.) Als in der Zeit des NS Regi[e]mes die jüdischen Geschäfte in Rölsdorf auch zerstört wurden, befand ich mich von 1939 bis 1942 im KZ Buchenwald.-Meine damalige Familie wohnte in dem Hause [Adresse] Eigentümerin [Name].
An dem Tage der Geschäftszerstörungen wurde(n) die Juden aus ihren Häusern geworfen. und wurde die Familie Roer insbesondere der alte Moses von meiner damaligen Frau in Schutz genommen und in unsere Wohnung aufgenommen.-
c.) Die Geschäftszerstörungen und Judenverfolgungen wurden leider auch von Rölsdorfern durchgeführt, wie von den SA Leuten Offermann und Strobel usw.- Strobel ist heute Angestellter im städtischen Bauamt Düren.-Strobel warf als erster, mit schweren Steinen das Schaufenster von Roer ein.-
d.) Wie wäre es wenn im Nappgelände-der alten Fabrikbauten-wo die Dürener Juden, damals wie Vieh alle zusammen getrieben wurden.-und dort auf den Tod durch Vergasung warteten, ein Ehrenmal errichtet würde.-
e.) Als ich im März 1942 versuchsweise für den Arbeitseinsatz aus dem KZ Buchenwald entlassen wurde, hatte sich diese Kunde bis ins Napplager der Juden herumgesprochen, zumal eine Frau Spieß, welche mit Ihrem Mann im Antifaschistischen Lager stand.und im Grüngürtel wohnte fast täglich die Verbindung mit dem Napplager und meinem Haus aufrecht hielt.
Einige Tage nachher kam abends im Dunkel, Isaak Fromm aus Gürzenich der ebenfalls im Napplager untergebracht war in meine Wohnung.- Seit 1925 waren wir beide befreundet und hatten uns zuletzt 1928/29 gesehen..-Ernste Blicke, fragend kreuzten sich.-worauf Fromm sagte, ich weiß alles, auch über die KZ.s. Wir Juden im Nappgelände wißen das wir alle bald sterben müßen, aber die Gerechtigkeit wird der Tyranei bald ein Ende machen.-Nach einer 1/2 Stunde trennten wir uns mit den Worten bis zum letzten zu kämpfen und zog Fromm im Dunkel der Nacht wieder ab zum Napplager.-
f.) Leider werden diese Geschehnisse der Hitlertyranei.welche die Nerotyranei noch übertrafen von den heutigen Behörden und der Öffentlichkeit nicht gewürdigt.-man lese nur den kleinen Fall.-Sommer-der auch mich einmal würgte,-und mein Häftlings-Kolonnen-Nachbar am Tage Nachher als Dampf durch den Krematorium-Schornstein von uns Abschied nahm.-
Deshalb, wo bleibt die Ehre für diese Opfer, insbesondere auch für das gemordete Judenleben.-
[…]
Kopie im Archiv der GW